Von Bernd Skischally, Memmingen - Keine Musik prägte das vergangene Jahrhundert derart wie der Rock'n'Roll. Weltweit populär wurde der Musikstil aus den Vereinigten Staaten in den 50er Jahren, als Sänger und Gitarristen wie Bill Haley, Fat Domino, Chuck Berry und natürlich Elvis 'The King' Presley ihre ersten Platten veröffentlichten. In Deutschland prachte der rhythmusbetonte Rock'n'Roll in den Fünfzigern nicht nur die Jugend in Schwung, er war vor allem auch bestes Beispiel dafür, welch große Rolle die amerikanische Kultur zunehmend im Nachkriegs-Alltag spielte. 'Diese Musik war in meiner Jugend funkel-nagelneu. Etwas Vergleichbares hatte es noch nie gegeben', erinnert sich der 63-jährige Manfred Prellwitz aus Memmingen voller Begeisterung. Mit dem Song 'Jailhouse Rock', den Elvis Presley 1957 veröffentlichte, habe bei ihm alles angefangen: Danach habe es in seinem Bekanntenkreis niemanden mehr gegeben, der nicht von Elvis & Co. begeistert war, erzählt Prellwitz. 'Es war nicht schwer, Gleichgesinnte zu finden. Deshalb haben wir öfters Räume in Wirtshäusern angemietet und dort Partys geschmissen', berichtet Prellwitz aus dem Jahrzehnt, das er als 'Himmel auf Erden' in Erinnerung hat. Irgendjemand habe einen Plattenspieler mitgebracht, ein anderer seine Vinyl-Scheiben und dann sei zum Rock'n'Roll getanzt worden.
Gut sortiertes Plattenangebot Bei jungen Leuten aus Memmingen, die sich zu dieser Zeit mit Musik aus Übersee eindecken wollten, war der inzwischen aufgelöste Elektroladen 'Graf und Frisch' in der Kuttelgasse sehr beliebt. In dem 1956 gegründeten Geschäft gab es laut dem Memminger Kurt Kramer neben Radios und Fernsehern auch ein gut sortiertes Plattenangebot. 'Ich habe zunächst hauptsächlich Rock'n'Roll-Musik wie etwa von Elvis oder Little Richard gekauft', sagt Kramer. Die Älteren hätten damals wenig Verständnis gehabt, warum sich Jugendliche für die schnellen Gitarren-Rhythmen aus den Vereinigten Staaten so sehr begeisterten und diese oft als 'Neger-' oder 'Ami-Musik' beschimpft. 'Aber für uns war das Gedödel, das sich unsere Eltern im Radio angehört haben, viel zu langweilig. Da liefen meistens nur deutsche Schlager oder Volksmusik', sagt der heute 56-jährige Kramer. Ein billiger Spaß war die Musikleidenschaft in den Fünfzigern allerdings laut Manfred Prellwitz nicht gerade: 'Für eine Single-Platte hat man so vier Mark bezahlt. Das war viel Geld für uns junge Leute.' Er habe oft wochenlang auf eine Platte gespart.
'Eine Hand voll Musiker' Anders als heute, habe es allerdings damals noch keine große Auswahl an Rock'n'Roll-Scheiben zu kaufen gegeben. 'Da waren gerade mal eine Hand voll Musiker und die haben erstmal nur die kleinen Single-Platten auf den Markt gebracht', erinnert sich Prellwitz. Langspielplatten habe es in den 50er Jahren eigentlich fast nur von klassischer Musik gegeben.