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Risse in der bäuerlichen Welt

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Risse in der bäuerlichen Welt

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    'Viele kleine Leute in vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern.' - Markoberdorf/Ostallgäu(ek). - Mit diesem afrikanischen Sprichwort eröffnete Kreisbäuerin Maria Haußer gestern im voll besetzten Marktoberdorfer Modeon den Ostallgäuer Landfrauentag. Der Tag stand mit dem Vortrag von Dr. Arnold Mettnitzer (siehe unten stehenden Artikel) unter dem Motto 'Abschied vom Paradies? - Die bäuerliche Familie auf der Suche nach einer neuen Identität' - und das von Haußer zitierte Sprichwort kann neben vielen Tipps des Referenten aus Wien als die wichtigste, allgemein gültige Aussages des Tages gelten. 'Wir werden arg genervt von ständig neuen Verordnungen, bei denen die Menschen und wir Bauernfamilien vergessen werden', betonte die Kreisbäuerin (51), die fünf Kinder hat und deren Mann in Weinhausen bei Jengen eine Nebenerwerbslandwirtschaft betreibt. 'Ich vermisse auf hoher politischer Ebene die gute fachliche Praxis und das Vertrauen in uns Bäuerinnen und Bauern', sagte Haußer weiter.

    'Unter enormem Druck' Zur Situation der Ostallgäuer Landwirte berichtete die Kreisbäuerin am Rande des Landfrauentages: Die Veränderungen in der Landwirtschaft erschienen in der Region nach außen hin noch etwas gemäßigter. 'Aber auch die Ostallgäuer Bauernfamilien stehen unter einem enormen Druck, die Leute haben oft nur mehr wenig Motivation, weil sie von der großen Politik so oft vertröstet wurden.' Noch gehe es nicht allen Bauern im Landkreis schlecht, aber der Gürtel sei oft so eng geschnallt, dass ein weiteres Loch die Luft abdrehe. Dennoch, betonte Hauser, sie glaube noch immer, 'dass es nicht sein kann, dass es nur rückwärts für uns geht'.

    Geringere Scheidungsrate 'Leider ist auch auf dem Land keine heile Welt mehr, aber sie ist dort noch ein Stückchen heiler als in den Städten', meinte Landrat Johann Fleschhut. Trotz aller Probleme habe er doch den Eindruck, dass das familiäre Geflecht auf dem Land stärker sei. Dies bescheinige auch die Statistik: Die Scheidungsrate oder auch Sozial- und Jugendhilfeausgaben seien auf dem Land geringer als in der Stadt. Es sei für alle Menschen wichtig, dieses Netz zu erhalten, viele Maßstäbe aus bäuerlichen Familien, etwa im Generationenvertrag, solle man sich abschauen. Die Landfrauen im Bayerischen Bauernverband seien ein 'leuchtendes Beispiel' für das Ehrenamt, das die Gesellschaft brauche, lobte Fleschhut. Bürgermeister Werner Himmer schloss sich diesem Lob an und ermutigte die etwa 500 Zuhörerinnen: 'Ich weiß, wie schwierig die Situation bäuerlicher Betriebe ist, aber ich weiß auch, dass Sie dem gewachsen sind.' Die bäuerliche Welt sei längst nicht mehr so heil, wie sie oft dargestellt werde, betonte Bezirksbäuerin Anni Fries. Vielmehr befinde sie sich im Umbruch. Es müssten die täglichen Veränderungen mit den gewachsenen Traditionen in Einklang gebracht werden. 'Wir brauchen kein Mitleid, sondern wir brauchen unserere Verbraucher und gerechte Preise als auch die Anerkennung für unsere Arbeit und unsere Produkte', sagte Fries. Und auch die Bezirksbäuerin schloss mit einem Zitat (von Kurt Sontheimer): 'Die Zukunft braucht nicht unsere Angst, sondern unsere Hoffnung.'

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