"Mir geht es gut", versichert Marlies Daum aus Schwangau, während der kostbare rote Saft in den Beutel fließt. Die Ostallgäuerin ist eine der Spenderinnen auf der Liege, die den vor zwei Jahren schwer verunglückten Felix Brunner unterstützen möchte. "Mein Sohn ist ein Freund von Felix, und deshalb bin ich heute zum ersten Mal zum Blutspenden gegangen".
Wie ihr ging es vielen, vor allem jungen Menschen, die am Samstag dem Aufruf zur Blutspende in die Auenhalle in Hopferau gefolgt waren. "Ich bin völlig überwältigt von dieser Spendenbereitschaft", freut sich Sabine Brunner, die Mutter von Felix. Sie kann es noch gar nicht fassen, von wie vielen Menschen sie heute begrüßt und umarmt wird, wie viele ihr Kraft wünschen für die kommende Zeit. "Er hat durch seine Leit wieder leben gelernt", sagt die Mutter dankbar.
Warten in Dreierreihen
Auch Claus-Peter Lang, Gebietsreferent des Roten Kreuzes aus Augsburg, sieht ab 15 Uhr mit großen Augen auf die vielen Wartenden, die sich nach der Registrierung geduldig in Dreierreihen zum ärztlichen Gespräch angestellt haben. Am Ende wird von über 200 Spendern die Rede sein, etliche Bürger können wegen des großen Andrangs nicht berücksichtigt werden.
Eine Resonanz, die Schirmherrin Prinzessin Christa von Thurn & Taxis begeistert. "Blut ist das Kostbarste, was es gibt auf der Welt", sagt sie. Mit 20 Teams sei das BRK in Bayern unterwegs, um den Bedarf von täglich 2500 Blutspenden decken zu können.
"Felix wird es schaffen!"
Nicht nur Eltern und Freunde, auch die BRK-Präsidentin ist sicher: "Felix wird es schaffen!" Der schmal gewordene 21-Jährige kommt in seinem Rollstuhl in die Halle und wird von allen freudig begrüßt. Er hat nicht nur einen großen Freundeskreis, sondern ab Samstagnachmittag auch viele Bewunderer, die dem Durchhaltevermögen und Willen des jungen Mannes Respekt zollen. Felix bedankt sich an diesem besonderen Tag bei den Organisatoren und vielen freiwilligen Helfern. Vor allem aber bedankt er sich bei seinen Eltern und Großeltern sowie Schwester Evi.
Sie war zum Zeitpunkt seines Unfalls 14 Jahre alt "und hatte ab da keine Eltern mehr, denn die waren bei mir".
Bei diesen Worten stehen Manchem in der Auenhalle die Tränen in den Augen. "Wo nimmt er nur die Kraft her?", fragen sich viele. Felix selbst sagt: "Meine Freunde haben mich nie im Stich gelassen, sie sind immer an meiner Seite."
Auch Alexander Schnitzler und Enrico Zeitler, zwei Mitglieder des Intensivpfleger-Teams aus Murnau, die ihn in der Klinik ein Jahr lang betreut haben, sind gekommen, um Felix herzlich zu begrüßen. Ebenso Marc Lange und Florian Willert, seine Bergwachtkameraden aus Oberstdorf, die "ein paar Ausbildungen mit ihm zusammen gemacht haben", wollen nun Blut spenden.
Auf die Frage, was er inzwischen mit dem Wort Glück verbindet, antwortet Felix: "Dass ich alleine an der Bettkante sitzen kann". Das ist ein großes Stück Freiheit, das er sich tapfer erarbeitet hat. Denn nun kommt er ohne fremde Hilfe in seinen neuen, leichten Rollstuhl. Im 50 Kilo schweren alten Rollstuhl habe er nur liegen können, der Kopf war kaum zu bewegen.
Den Geburtstag nicht erlebt
Felix hat inzwischen aufgehört, die Zeit in Tage, Wochen und Monate einzuteilen. "Das ist nicht wichtig, sondern nur, dass ich vorwärts komme". Im Juli hat er Geburtstag. Im Vorjahr, als er im Koma lag, hat er diesen Tag nicht erlebt, sondern war verwundert im Oktober wieder aufgewacht. "Das ist schlimm, wenn dir plötzlich im Leben Zeit fehlt, die du für deine Genesung nutzen wolltest".
Fortschritte hat er seitdem große gemacht. Nur stehen weitere Operationen an, die helfen sollen, zur Normalität zurückzukehren. Der 21-jährige ist auf einem guten Weg. Der ambulante Pflegedienst, anfangs zwölf Stunden täglich bei ihm, kommt jetzt nur noch acht Stunden.
Für Barbara Schwarz, die zum 49. Mal zum Blutspenden kommt, aber auch für Georg Linder, der zum ersten Mal dabei ist, ist es eine Selbstverständlichkeit, die von Felix initiierte Aktion zu unterstützen. Die Mahnung, dass es jeden treffen könnte, steht greifbar in der Halle, in der Anspannung und Gelassenheit gleichzeitig zu finden sind.
Nach Auskunft von Claus-Peter Lang "haben wir um 16.30 Uhr aufgehört mit der Registrierung. Da standen noch immer 70 Menschen an." Die über 200 Blutspenden seien ein toller Erfolg für einen einzigen Nachmittag. "Durchschnittlich haben wir 50 bis 100 Spender bei einem normalen Termin." Der Füssener Stadtrat Heinz Hipp, der an diesem Nachmittag die Registrierung übernommen hat, findet es besonders erfreulich, "dass so viele Erstspender mitmachen."
Felix Traum, eine eigene Wohnung im Erdgeschoss seines Elternhauses behindertengerecht auszustatten und so seinen Bewegungsradius zu erweitern - er ist nach dieser Aktion ein ganzes Stück näher gerückt.
Enormer Andrang herrschte am Samstag in der Hopferauer Auenhalle: Über 200 Bürger harrten geduldig aus,um zugunsten von Felix Brunner und Rotem Kreuz Blut zu spenden. Etliche hilfsbereite Menschen mussten wegen der großen Resonanz abgewiesen werden. Fotos: Schroeder