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Riesendefizit beim AWO-Kreisverband

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Riesendefizit beim AWO-Kreisverband

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    Mangelnde Kontrolle des früheren Vorstands Kaufbeuren (rö). Offenbar blindes Vertrauen früherer Vorstandsmitglieder in die langjährige Geschäftsführerin und schwerwiegende Nachlässigkeiten bei der Kontrolle der Finanzen haben den Kreisverband Kaufbeuren der Arbeiterwohlfahrt in eine tiefe Krise gestürzt. Jahrelang sind offenbar keine Bilanzen und Jahresrechnungen erstellt worden. Beim Bezirksverband stand der Kreisverband zeitweise mit 130 000 Mark im Soll, wobei mangels Unterlagen die Ursachen bis heute noch nicht genau geklärt sind. Jetzt 'muss richtig aufgeräumt und Klarheit geschaffen werden', so die neue Kreisverbandsvorsitzende Gabriele Schmidt.

    Öffentlich wurde der Missstand beim Kreisverband, dem 14 Ortsverbände mit rund 1400 Mitgliedern angehören, durch ein Gerichtsverfahren gegen die frühere Geschäftsführerin (siehe untenstehenden Bericht).

    Als Zeuge sagte Wolfgang Mayer-Schwarzenbach, hauptamtlicher Referent beim AWO-Bezirksverband Schwaben, aus. Er gab an, dass das Soll des Kreisverbandes beim Bezirksverband ab 1997 sprunghaft angestiegen war. Von rund 40 000 auf rund 130 000 Mark im November 1998. Bereits 1997 seien der ein Jahr zuvor gewählte Kreisvorsitzende, seine Stellvertreterin und schließlich auch der Kassier zurückgetreten, 'wobei wir dafür nie richtige Erklärungen bekommen haben', so Mayer-Schwarzenbach. Die scheidenden Vorstandsmitglieder 'haben einen nicht vertretungsberechtigten Vorstand hinterlassen'.

    Notvorstand eingesetzt

    In zahlreichen Gesprächen mit den Ortsverbänden sei niemand bereit gewesen, das Amt des Kreisvorsitzenden zu übernehmen. 'Mehr oder weniger ist nur eine stellvertretende Vorsitzende übrig geblieben, und die war überfordert, die Situation zu überblicken', kommentierte Mayer-Schwarzenbach. Er selbst wurde schließlich im Februar 1999 vom Amtsgericht Kaufbeuren zum Notvorstand bestellt. Zudem setzte der Bezirksverband ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen ein. Bei der Suche nach Unterlagen seien sie jedoch nicht fündig geworden, so Mayer-Schwarzenbach. Über Barkasse und Konten des Kreisverbandes gab es für 1997/98 keinerlei Belege, auch keine Jahresabschlussrechnungen. Für 1998 habe ihm die Geschäftsführerin einen handgeschriebenen, nicht stimmigen Kassenbericht hingelegt. Er habe sich dann über die Bank die jährlichen Listen der Kontobewegungen verschafft und sei auch in diesem Zusammenhang auf das kriminelle Verhalten der Geschäftsführerin gestoßen. Die wurde fristlos gekündigt, war indes ohnehin seit Ende 1998 nicht mehr am Arbeitsplatz aufgetaucht. Insgesamt ergab die Prüfung für 1997/98 einen Fehlbestand von mehr als 100 000 Mark. Wie das Defizit abzüglich der 48 000 Mark, um die sich die Geschäftsführerin bereichert hatte, zustande kam, ist wegen fehlender Unterlagen noch nicht geklärt.

    'Es ist erschreckend: Der frühere Vorstand hat sein Amt absolut vernachlässigt, weil er überhaupt nichts kontrolliert hat', kritisierte Mayer-Schwarzenbach.

    'Klare Versäumnisse'

    'Es gibt nichts zu beschönigen. Die Geschäftsführerin hatte einen nicht angebrachten Vertrauensvorschuss, weil sie jahrelang gut gearbeitet hat. Da liegen eindeutig Versäumnisse des früheren Vorstandes vor', bestätigte Gabriele Schmid. Sie übernahm neben ihrem Amt als Dritte Bürgermeisterin auch das der AWO-Kreisvorsitzenden im August 1999, um zu retten, was zu retten ist. 'Das Ausmaß der Vorgänge ist mir aber erst im Laufe der Zeit richtig bewusst geworden', so Schmidt. 'Nun müssen wir versuchen, wieder auf die Füße zu kommen.' Man überlege zivilrechtliche Schritte gegen die früheren Vorstandsmitglieder. Im September werde eine Kreisausschuss-Sitzung stattfinden und Ende Oktober eine außerordentliche Mitgliederversammlung. 'Wir werden den Ortsverbänden offen sagen, was geschehen ist. Dann muss die Kreiskonferenz Beschlüsse fassen. Die AWO soll keinen weiteren Schaden nehmen.'

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