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Regens Wagner und sein Wirken

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Regens Wagner und sein Wirken

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    Von Franz Kustermann, Bad Grönenbach/Lautrach - Unter dem Motto 'Regens Johann Evangelist Wagner - seine Botschaft für heute' ver-anstaltete die Katholische Landvolkbewegung im Dekanat Memmingen ein zweiteiliges Seminar, bei dem sich die Teilnehmer eingehend mit dem Leben und Wirken des Gründers von 16 Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen befasste. Die langjährige Leiterin der Regens-Wagner-Stiftung Lautrach, Schwester Gertraud Feihl, gab eine Fülle von Informationen. Bei einer Führung durch den heutigen Gesamtleiter Beppo Haller konnte die praktische Umsetzung in der Behinderteneinrichtung in Lautrach besichtigt werden. 'Am selben Tag wie ein Fohlen und ein Kalb' wurde der spätere Stiftungsgründer am 5. Dezember 1807 auf einem Bauernhof in Dattenhausen geboren. Wie Schwester Feihl in ihrem über zweistündigen Vortrag ausführte, ist Johann Wagner offenbar schon im Kindesalter seine Berufung zum Priestertum klar geworden. Schon in der Volksschule habe der Bub Geld, Kleidung und Essen mit Bedürftigen geteilt. Nach dem Besuch des Dillinger Gymnasiums, der lateinischen Vorberei-tungsschule und dem Studium wurde er am 31. Mai 1833 zum Priester geweiht. Am 31. August 1863 wurde er Leiter, also der 'Regens' des Priesterseminars, was er bis zu seinem Tod am 10. Oktober 1886 auch blieb. Ganz besonders lagen Wagner die Menschen mit Behinderungen am Herzen: Er gründete die erste Gehörlosenklasse für taubstumme Mädchen in Augsburg, eröffnete einen Aktienverein und kaufte mit dem Geld das Sankt-Bartolomäus-Haus in Dillingen. Für geistig Behinderte erwarb er das Fuggerschloss in Glött und machte es zu ihrer Heimat. In Mittelfranken baute er ein ganzes Netzwerk für Behinderte auf, gab ihnen Heimat, Erziehung, Ausbildung und Arbeit. 13 große Einrichtungen hat er allein in Bayern geschaffen.

    'Nicht lebenswert' Sein Nachfolger, Dillingens Stadtpfarrrer Magnus Niedermair, war es, der im Jahr 1889 das Schutzengelheim in Lautrach gründete: Am 1. Juli des selben Jahres sind 87 Pfleglinge in das dortige 'Knabenerziehungsinstitut' eingezogen; wohl betreut von 15 Ordensschwestern aus Glött bei Dillingen. Vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg war in Lautrach eine Schule für geistig Behinderte eingerichtet, bis während des Dritten Reiches für die Bewohner der Regens Wagner-Stiftung in Lautrach eine 'sehr leidvolle Geschichte' begann: Die Schwestern - so wurde ausgeführt - mussten die Behinderten selektieren in 'arbeitsfähig' und 'nicht lebenswert'. Graue Busse holten die Menschen ab und verteilten sie je nach Einstufung nach Ursberg oder in eines der zahlreichen Vernichtungslager. In der Nachkriegszeit wurden die Gebäude als Lungenheilanstalt genutzt, was der Einrichtung den Namen 'Hustenburg' einbrachte. Das änderte sich erst, als mit der Erfindung des Penicillins die gefürchtete Krankheit geheilt werden konnte und im Jahr 1974 die letzte Patientin das Haus verließ. Im selben Jahr zogen erstmals Menschen mit psychischen Krankheiten in das Haus ein. Wie der heutige Leiter, Beppo Haller, ausführte, waren Wohnen und Arbeiten damals unter einem Dach: Das gesamte System war auf Selbstversorgung aufgebaut; die benötigten Nahrungsmittel wurden zum allergrößten Teil in der eigenen Gärtnerei und Landwirtschaft produziert. Heute ist das Haus Heimat, Wohnstätte und Arbeitsstätte mit Betreuung bis zum Tode. Gearbeitet wird in der Werkstätte, Handweberei, Landwirtschaft, Wäscherei oder in der Küche. Die Hälfte der rund 250 Arbeiter sind geistig und mehrfach behindert; die andere Hälfte hat psychische Behinderungen. Entsprechend sind auch zahlreiche Betreuer notwendig. Einem behinderten Arbeiter bleiben nach Abzug aller Kosten durchschnittlich einhundert Euro pro Monat für seine privaten Bedürfnisse.

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