Pünktlich um 11.11 Uhr übernahmen im Kaufbeurer Rathaus die Narren die Amtsgeschäfte. Obwohl die Treppe zu seinem Amtszimmer wegen Renovierungsarbeiten mit Baugerüsten und Malerplanen verbarrikadiert war, nützte das dem Oberbürgermeister Stefan Bosse nichts.
Der Elferrat der Karnevalsgesellschaft Kunstreiter und die ruhmreiche Saskaler Armee zerrten ihn dennoch vor das Rathaus, um ihm die Krawatte abzuschneiden und die Leviten zu lesen. In Kaufbeuren Stadtrat zu sein, muss schon ein sehr spannender Job sein, stellte Kunstreiter-Präsident und Kabarettist Wolfgang Krebs fest. Für die FDP kandidiere gleich eine ganze Familie, die Kaufbeurer Kelly-Family. 'Nur warum treten die fleißigen Leserbriefschreiber nicht an?', fragte er die rund 300 Zuschauer.
Keine Gnade kannte Günther Seydel mit dem Oberbürgermeister. 'Wir haben ihn rausgeholt, wir haben ihn abgesetzt, jetzt sind wir an der Macht', freute er sich. Mit abgeschnittener Krawatte und verflecktem Anzug mache der Oberbürgermeister so kurz vor der Wahl auf Mitleid, so Seydel. 'Wenn deine Tatkraft so groß wäre wie dein Wahlplakat, dann wär' Kaufbeuren wirklich Erster in ganz Schwaben, und nicht nur weil wir die dümmsten Autofahrer haben', warf ihm Seydel weiter vor.
Die Zuschauer durften bei den 200 Faschingskrapfen zugreifen, die die Kunstreiter verteilten. Auch das voll besetzte Faschingsbähnle drehte zweimal seine Runde am Rathaus vorbei.