Von Elisabeth Klein Marktoberdorf - Was macht die Frau, die dem Kanzler seit Jahren die Worte eingeflüstert hat, wenn Gerhard Schröder kein Kanzler mehr ist? Sie wird erst mal arbeitslos. Wie gut nur, dass Simone Solga gleich mehrere Jobs hat. Da ist die Versorgung erst mal gesichert. In die Filmburg kam die 42-jährige Sächsin, um ihr Kabarett-Programm 'Die Kanzlersouffleuse' vorzustellen und hatte für ihren dritten Besuch in Marktoberdorf großes Gepäck mitgebracht. Chinesischen Heilwurzeltee, den das Publikum gleich mittesten durfte, um für die Produktionsfirma genügend Testprotokolle zusammen zu bekommen. Einen Hammer, mit dem so nebenbei Gardinenringe geklopft werden, um sogar die Hungerlöhne in Fernost zu unterbieten. Dabei erzählte sie aus dem Zentrum der Macht, von der Welt zwischen Spannung, Glamour und Currywurst, in der sie dafür sorgte, dass Schröder mehr als nur ein beruhigendes Redegeräusch von sich gab. Ein gelber Engel für Redeunfälle, dem sogar Genosse Franz das 'Münte' anbot, denn kein Politiker schafft es, immer schlagfertig zu sein. Sie konnte den Kanzler spielen wie eine Stradivari, verriet sie grinsend und klärte darüber auf, wie das mit dem Minisender im Ohr von Politikern läuft. 'Ein Lautsprecher - wie eine Wanze in andersrum', wobei sich auch nicht immer die Flüsterer ihren Chefs anpassen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt etwa sprach früher lupenreines hochdeutsch, bis sie einen verschnupften rheinischen Büttenredner beschäftigte. Nun wollte Angela Merkel die Solga kennen lernen, doch wie eine Stradivari kann man eine Bratsche nicht spielen und 'was außer Ferkel reimt sich schon auf Merkel?' Da behält sie sicherheitshalber noch ihre Nebenjobs als Karussellsprecherin am Oktoberfest, als Stimme von Karla Kauz im Kinderkanal und als Denkmal in der Fußgängerzone. Ein Multitalent, das auch auf der Bühne seine Vielseitigkeit unter Beweis stellte. Mit bissigen Kommentaren und strahlendem Lächeln hechelte sie die Großen der Politik durch, imitierte gekonnt ihre Stimmen, tanzte wirbelnd und singend zu frechen Texten und hatte auch einige Kalauer in der schwarzen Tasche mit dem Ossi-Aufhänger ('gibt’s nicht mehr zu kaufen') parat. Ein Tausendsassa, der seine Erfahrungen auf renommierten Kabarettbühnen wie der 'Leipziger Pfeffermühle' und der 'Münchener Lach- und Schießgesellschaft' sammeln durfte. So gelang ihr mühelos die Verwandlung in Security-Mann Heiko, der mit Schäferhund 'Rommel' seine Runden im Kanzleramt dreht, in Putzfrau Bärbel oder in Großmutter Solga.
Höchste Konzentration Die Geschwindigkeit ihres Wortwitzes verlangte dem Publikum höchste Konzentration ab, besonders wenn sie schlagfertig in breites Sächsisch verfiel. Absolute Höhepunkte waren ihre kecken, vor Ironie triefenden Lieder, die sie mit kräftiger Stimme schmetterte, rappte oder einschmeichelnd sang. 'Möchten sie jetzt das Lied über die Heizkostennebenrechnung oder übers Kyoto-Protokoll?'. Das Publikum wollte sie am liebsten alle, so dass die quirlige Sächsin gleich drei gesungene Zugaben liefern musste. Von Veranstalterin Monika Schubert gab es dafür zum Spätzleschöpfer vom vergangenen Jahr eine rote Herzwärmflasche für kalte Tage und 'Bühnengemüse'.