Obstbauern Geschäft Bodensee-Raum: Qualität gut, Vermarktung schwierig. Von Jürgen Gerstenmaier Lindau/Durach Die Obstbauern am Bodensee bringen derzeit zwar eine Ernte von einer 'außergewöhnlich guten Qualität ein'. Doch freuen können sie sich nicht darüber: 'Was nutzt uns die Qualität, wenn wir unterm Strich bei der Vermarktung draufzahlen müssen', beklagt Helmut Jäger, Vorsitzender der Lindauer Obstbauern, einen 'unwahrscheinlichen Preisverfall'.
Die Ernte vorrangig an Äpfeln und Birnen fällt nach Jägers Worten heuer 'extrem gut aus. Wir hatten ganz wenig Hagel, die Qualität des Obstes ist hervorragend.' Für die Bodensee-Region wird nach Schätzungen von Experten für dieses Jahr eine Ernte von 250 000 Tonnen erwartet, 5000 Tonnen weniger waren es 1998. Doch die Erzeuger plagen gewaltige Probleme: 'Die Produktionskosten für ein Kilogramm liegen zwischen 50 und 55 Pfennig. Wenn man da noch die Kosten etwa für Lagerung und Werbung dazu rechnet, machen wir im Verkauf ein sattes Minus', rechnet Jäger vor, zugleich stellvertretender Kreisobmann des Bauernverbandes.
Ausschlaggebend sei vor allem ein Grund. Die großen Lebensmittelketten 'diktieren der Genossenschaft, über die wir vermarkten, gnadenlos die Preise.' Verantwortlich dafür, dass diese derzeit im Keller lägen, sei unter anderem die Situation in Holland: 'Dort wurde vergangenes Jahr ein Riesen-Überschuss produziert und diese letztjährigen Äpfel werden jetzt zu Spottpreisen auf den Markt geworfen', bedauert Jäger. Zudem seien noch reichlich Früchte auf dem Markt, die im Februar und März in Südafrika geerntet wurden. Schwer zu schaffen macht den Obstbauern auch die Neuregelung des 630-Mark-Gesetzes: 'Uns sind zuhauf Hausfrauen abgesprungen, die früher als Erntehelfer im Einsatz waren. Wenn jetzt noch die Helfer aus Osteuropa abspringen sollten, wird\'s wirklich unerfreulich.'
Unerfreulich findet die Situation der Obstbauern auch Hannelore Siegel aus dem Oberallgäuer Durach. Die bayerische Landesbäuerin und Vizepräsidentin des Landfrauenverbandes redet sich richtig in Rage: 'Warum gibt es in unseren Lebensmittelgeschäften eigentlich so wenig heimisches Obst? Warum müssen die Äpfel aus Südafrika und die Birnen aus Frankreich kommen?', fragt sie sich.'Kontrolle' in Supermärkten
Klaglos wolle sie das nicht mehr hinnehmen. Erste Aktion in dieser Richtung war das Überreichen eines Korbes mit heimischen Früchten an Ex-Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle. Dieser wirbt wie berichtet für Fruchtjoghurt der Marke Danone. Dies findet Hannelore Siegel in Ordnung, zumal der beworbene Joghurt in Bayern mit bayerischer Milch hergestellt werde. Was die Landesbäuerin weniger gut findet, ist der Umstand, dass Kiechle in dem Fernseh-Spot explizit die italienischen Früchte erwähnt, die verwendet werden. Das kann Siegel nicht verstehen. In Südbaden gebe es beispielsweise eine Genossenschaft, die sich auf die Verarbeitung von Früchten aus der Region für Joghurt spezialisiert habe.
Siegel will nun mit anderen Bäuerinnen verstärkt in Allgäuer Supermärkten 'kontrollieren, ob heimisches Obst angeboten wird'. Wenn nicht, 'können wir uns durchaus Aktionen vorstellen, um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen.'Obstbauern im Bodenseeraum wie hier in Bodolz können sich über eine gute Ernte freuen, müssen aber zugleich schlechte Vermarktungspreise beklagen. Foto: Jörg Schollenbruch