Pfronten (az). Der Familie, der Musik und dem Sport galt sein Leben. Am Samstag ging es nach 88 ausgefüllten Jahren zu Ende. Pfronten trauert um Martin Heer, dem die Gemeinde 1993 die Bürgermedaille verliehen hatte. Sie würdigte damit sein Wirken als Musiker, Musikpädagoge und Komponist, das weit über die Grenzen Pfrontens hinaus große Anerkennung gefunden hatte.
Schon als Schüler hatte Heer in einem Aufsatz geschrieben: 'Wenn ich viel Geld hätte, würde ich mir ein Haus im Wald bauen und ein Klavier kaufen.' Beides gelang ihm vollauf. Sein Vater, Bäcker in Pfronten-Kappel, ermöglichte dem vierten seiner fünf Söhne eine Ausbildung bei Musiklehrer André Mayrock. Als dieser schwer erkrankte, übernahm der erst elfjährige Martin das Harmoniumspiel in der Kappeler Kirche. Als 14-jähriger begleitete er Gottesdienste an der Orgel und spielte beim 'Fischer' in Kappel am Klavier zum Tanz auf. Noch vor dem Krieg spielte er mit Freunden beim Sonntags-Tanztee im 'Café Fuchs'. Sein eigenes Häuschen beherbergte lange Zeit das Kappeller 'Waldcafé'.
Als hauptberuflicher Musiklehrer trat der gelernte Feinmechaniker als 34. Mitglied dem damals noch jungen Bayerischen Musiklehrerverband bei. An die 500 junge Menschen hat er für das Klavier-, Akkordeon-, Geige- oder Gitarrespielen begeistert. So sind auch in den Reihen des Akkordeon-Orchesters, das am Mittwoch den Trauergottesdienst begleitet, noch viele seiner ehemaligen Schüler zu finden. Seine mehr als 60 Kompositionen machten Heer unterdessen in der Allgäuer Volksmusikszene bekannt. Zum Allgäuer Liederbuch steuerte er unter anderem die Jodellieder 'Im Langs' und 'Im Hörbst' bei.
Einen Namen machte sich Heer zudem durch das 'Martin-Heer-Quartett' zusammen mit seinen Söhnen Wolfgang, Siegfried und Martin junior. Noch im stolzen Alter von 87 Jahren trat er Ende 2005 mit seinen Söhnen beispielsweise bei Hochzeiten und Firmenfeiern im Schloss Bullachberg bei Schwangau auf. Mit seinen eigenen Kompositionen hatte Martin Heer Auftritte im ZDF-Sonntagskonzert, beim Weihnachtsmarkt in Köln oder auch beim Hafenkonzert in Duisburg. Heer beeindruckte durch seine Vielseitigkeit. Sein Repertoire reichte von Klassik, Operette und Tanzmusik bis zu den Evergreens der 20-er bis 50-er Jahre. Für den Kappeler Männerchor, den er von 1951 bis zu dessen Auflösung leitete, schrieb er eine Messe, die jährlich bei der Christmette in der Kappeller Kirche erklang. Dort spielte er auch mehr als 50 Jahre lang die Orgel. Nach so mancher samstäglichen Tanzveranstaltung, ohne zuvor auch nur ein Auge zugemacht zu haben.
Auch als Sportler zeigte Martin Heer Talent. Als der Weltrekord über 100 Meter knapp unter elf Sekunden stand, lief Martin Heer die Strecke barfuß in 11,8 Sekunden. Beim Weitsprung schaffte er über sechs Meter und im Winter galt seine Leidenschaft dem Skispringen. Der TSV Pfronten ehrte Heer 2005 für 75 Jahre Mitgliedschaft.
Im Mittelpunkt von Martin Heers Leben stand aber die Familie. 62 Jahre währte die Ehe mit seiner Maria. In all den Jahren habe es nie einen bösen Streit gegeben, berichten die Kinder. Der Schlaganfall seiner Frau veränderte 2001 sein Leben. Sein eigener Krankheitsweg begann vor einem Jahr. Allen Bemühungen, trotz allem noch bei seiner Familie zu sein, setzte am Samstag der Tod ein Ende.
Heute wird für Martin Heer ab 19 Uhr der Seelenrosenkranz in der Kappeller Kirche St. Martin gebetet. Der Trauergottesdienst beginnt am Mittwoch, 17. Januar, um 14 Uhr in der Pfarrkirche St. Nikolaus in Pfronten-Berg.