Die Eltern hatten ihn seinerzeit in der Kirche taufen lassen, seine erste Kommunion empfing Stefan Epp in St. Nikolaus und ebenso seine Firmung. Und dann das: Am Vorabend zu Dreikönig steht der Turm des Wahrzeichens von Wald in Flammen. 'Im ersten Moment dachte ich nur: Unsere Kirche brennt', beschreibt er sein Gefühl. Es sollte sein erster Einsatz als Feuerwehrmann im eigenen Dorf sein – ausgerechnet bei solch einem Gebäude.
In Görisried hatte er aus größerer Entfernung vor ein paar Jahren den Brand eines Bauernhofs miterlebt. Die Walder waren damals zur Unterstützung angefordert worden und mussten Schlauchleitungen verlegen. Aber ein Feuer in Wald, davon war er der 28-Jährige bisher verschont geblieben, obwohl er bereits seit zehn Jahren der Wehr angehört.
Leiter des Atemschutzes
In dieser Zeit hat er sich über verschiedene Lehrgänge zum Leiter des Atemschutzes qualifiziert. Als solcher war er auch in der Brandnacht tätig. Er hatte in Absprache mit dem Atemschutzleiter von Seeg die Aufgabe, den Einsatz der Geräteträger zu überwachen, fein säuberlich mit Schreibblock und Uhr zu erfassen. Das Löschen der Flammen war nur von den beiden Drehleitern aus möglich. Wie stark der eiskalte Wind in der schwindelerregenden Höhe pfiff, zeigte der Wasserstrahl, der Richtung Turm geschickt wurde.
Schon nach wenigen Metern spaltete er sich trotz des hohen Drucks aus den Maschinen auf.
Durchgefroren ins Rathaus
'Spätestens nach einer halben Stunde haben wir die Leute wieder heruntergeholt – nicht, weil sie zu wenig Luft in den Flaschen hatten, sondern einfach weil sie durchgefroren waren', schildert Epp. Gut dass Bürgermeister Josef Ampßler die nahe Gemeindeverwaltung geöffnet hatte und sich die Feuerwehrler dort wieder aufwärmen konnten.
Epp selbst verfolgte das Spektakel neben einem der Löschfahrzeuge. Dabei hätte er seinen Einsatz fast verpasst. Er wohnt im Weiler Geigers und hatte die Sirene nicht gehört, jedoch sein Schwager, der vor dem Haus rauchte. Epp fuhr zur Walder Außenstelle nach Wimberg.
'Da war aber nichts los.' Später erfuhr er den Grund dafür: Ein Stromausfall hatte dort die Sirene lahmgelegt. Epp kehrte wieder nach Hause um, als ihm auf halber Strecke die Feuerwehr Rückholz mit Blaulicht entgegenkam. Also drehte Epp erneut um und machte sich auf nach Wald. 'Ab dem Berghof habe ich dann gesehen, was los ist.'
Auch Epp selbst stieg als einer von zwölf Walder Geräteträgern an diesem Abend in den Rettungskorb der Drehleiter und löschte. Da lag die Kirchturmspitze bereits völlig zerstört am Boden. Der oberste Teil hatte sich wie ein Pflock in einen mit Kerzen gefüllten Schrank in der Sakristei gebohrt, ein zweiter landete auf dem Friedhof, ein weiterer lag verbogen über einer Mauer. 'Jedem war klar, dass die Spitze fällt.
Aber niemand wusste, in welche Richtung.' Deshalb waren umliegende Häuser evakuiert worden, doch die Bewohner konnten am späten Abend wieder zurückkehren. 'Wir waren alle erleichtert, dass die Spitze an diese Stelle gefallen war.'
'Bauernhof wäre schlimmer'
Am nächsten Tag, als die zur Brandwache eingeteilten Walder Feuerwehrler die Stätte sahen und auch als sie beim Mittagessen zusammensaßen, war die Meinung einhellig: 'Es hätte viel schlimmer kommen können.' Etwa wenn ein Bauernhof abgebrannt und so vielleicht die Existenz eines Landwirts zerstört worden wäre oder wenn Menschen durch Feuer oder Trümmer verletzt oder getötet worden wären. Trotz des traurigen Anblicks bleibe ein Trost: 'Die Kirche steht ja noch.'
Die Sirene und damit auch die Wehr kam am Dreikönigstag trotzdem nicht zur Ruhe. Erst ertönte sie, weil ein Passant noch Rauch gesehen hatte, abends lief sie, weil eine Frau mit ihrem Auto gegen einen Telefonmast gerutscht war und dieser nun quer über der Straße lag.
Inzwischen ist wieder der Alltag bei der Feuerwehr eingekehrt. Es ist merklich ruhiger geworden. Zwar ist das Feuer an der Kirche weiterhin Gesprächsthema, aber der Inhalt hat sich gewandelt: 'Da muss wieder so eine Spitze wie bisher drauf', sagt Epp, 'was anderes kommt gar nicht in Frage'. Zumal sonst auch das Gemeindewappen geändert werden müsste. Die Walder, sie hängen nun einmal an ihrer Kirche, sie leben mit ihrer Kirche – und das nicht nur zu Taufe, Erstkommunion und Firmung.