Oberhalb von Salenwang befindet sich ein Hochbehälter für die Trinkwasserversorgung der Gemeinde Friesenried. Der soll demnächst durch einen Neuen ersetzt werden. Doch zuvor musste ein Kampfmittelspürtrupp das Gelände sichern. Denn dort hatte 1945 die Wehrmacht Granaten und Munition gelagert. Elf Tage vor Ende des Zweiten Weltkrieges war deshalb auch ein 14-Jähriger gestorben, der aus jugendlichem Übermut eine Handgranate zünden wollte.
Zu dieser Zeit hatte die nationalsozialistische Diktatur in Deutschland den Weltkrieg militärisch längst verloren. Die Wehrmacht zeigte Auflösungserscheinungen. Das zeigte sich auch im "wilden" Entsorgen von Munition. Zugleich wurden wegen der alliierten Luftangriffe Kinder und Jugendliche in ländliche Gebiete geschickt. Ausgerechnet in dem beschaulichen Ortsteil von Friesenried kam es zu einem tödlichen Unfall: "Die deutschen Soldaten hatten Ende April Munition im Wald abgeladen. Das haben natürlich ein paar Jugendliche mitbekommen und sie sind am Samstag raufgelaufen, um zu schauen, was da alles zu finden ist", erzählt Genofeva Lutz. Der Wald östlich von Salenwang ist vom Mühlweg aus zu erreichen. Dort wohnte die heute 80-Jährige damals und dort lebt sie noch heute. Zu den Jugendlichen gehörte auch Horst-Günter Wilhelmi.
Der 14-Jährige kam aus Schwelm in Westfalen und war mit seinem Bruder zu dieser Zeit bei zwei Salenwanger Bauern untergebracht. Am 28. April gingen die beiden Brüder zusammen mit zwei Salenwanger Buben zu dem provisorischen Depot: Vornehmlich Munition und Zubehör für infanteristische Waffen fanden sie dort. Eine Eierhandgranate nahmen sie mit und versteckten sie unter einem Strauch am Ortsausgang. Am Sonntagmorgen wollten sie die Sprengladung in dem Gebüsch zünden, bevor sie nach Friesenried zur Kirche gehen sollten. Wilhelmi zog den Splint, ließ den Sicherungshebel los, warf die Granate zu Boden und rannte zu seinen Kumpanen. Doch die Granate explodierte nicht gleich, weshalb der Bub wieder zurückging, um nach dem "Blindgänger" zu schauen.
"Ich hörte einen Knall und Schreien", berichtet Lutz. Denn die Granate explodierte genau dann, als Wilhelmi nach der Waffe schauen wollte. Er sei dann noch zehn Meter gelaufen und habe nach seinen Eltern gerufen - das ganz Gesicht sei mit Splittern übersät gewesen. "Dann brach er zusammen. Wir haben noch nach ihm geschaut, aber wir konnten nichts machen. Die drei anderen Jungs sind gleich nach Friesenried gelaufen und haben es in der Kirche gemeldet", so Lutz.
Ihr Mann Peter ließ dann in den 1960er Jahren einen Gedenkstein setzen, den er noch heute pflegt. "Die Mutter des Jungen kam später noch einmal zu Besuch und bat darum", erzählt der 81-Jährige. Einige Zeit nach dem Unglück sei dann die Wehrmacht gekommen und habe das Depot gesprengt.
Doch nicht alles scheint dabei in die Luft geflogen zu sein, denn als der Kampfmittelräumtrupp jetzt den Boden in bis zu fünf Meter Tiefe untersuchte, wurden Zünder und Handwaffenpatronen gefunden, berichtet Friesenrieds Bürgermeister Wolfgang Gerum. Die Gemeinde muss für die Untersuchung etwa 800 Euro zahlen, hinzu kommen noch rund 2000 Euro für die Entsorgung der Munition. "Die Rechnung schicke ich dann an die Bundeskanzlerin", flachst Gerum, der sich aber ärgert, dass 66 Jahre nach dem Krieg, die Gemeinde noch immer für dessen Hinterlassenschaften aufkommen muss.