Ganz so flott wie vor wenigen Wochen ist der Griff an den Zapfhahn nicht. Bei zahlreichen Kunden an den Marktoberdorfer Tankstellen ist die Verunsicherung zu spüren: Soll ich E 10-Sprit tanken oder nicht? Die Antwort wird vielen beim Blick auf den Preis gegeben. Im Vergleich zum herkömmlichen Super ist E 10 um acht Cent günstiger. Wohl ist nur den wenigsten, wenn sie es einfüllen - obwohl sie sich über Internet, Automobilclub oder Fachhändler informiert haben.
So tankte gestern Mittag Anita Simon ausnahmsweise das neue Super mit dem zehnprozentigen Anteil von Bioethanol. Bei dem Preisunterschied überlege sie natürlich. Weil sie in Immenhofen wohnt, sei sie auf das Auto angewiesen. Verstärkt bildeten sich Fahrgemeinschaften für den Kindergarten oder die Musikschule. Vieles versuche sie zu Fuß oder per Fahrrad zu erledigen.
Schmerzgrenze bei Preis erreicht
Auch für Wendelin Fichtl aus Marktoberdorf ist beim Benzinpreis die Schmerzgrenze erreicht. Die lag für ihn bei 1,50 Euro. Deshalb tanke er öfter in Österreich. So wie Monika Fiezenz und Michael Poledniczek. "Die Preise sind ein Hammer", sagt sie und zapft nur ein paar Liter E 10. Wenn es möglich sei, verzichten beide aufs Auto.
Ausschließlich zu Super greift Frank Schegg. "Mein Wagen ist 14 Jahre alt und soll noch zwei Jahre lang halten." Das Risiko, E 10 in den Tank zu füllen, sei ihm zu hoch, obwohl der Wagen es laut Liste verträgt. So versucht er mit 30 Euro, die er pro Woche für den Treibstoff eingeplant hat, auszukommen. Egal wie hoch der Preis ist. "Ich gehe dann öfter zu Fuß zum Einkaufen. Das klappt in Marktoberdorf gut."
Trotz aller Bemühungen von Industrie und Politikern, die Kunden zum Umstieg zu bewegen, habe die Verunsicherung in jüngster Zeit deutlich zugenommen, berichtet Heinz Groß von der Jet-Tankstelle. Ob die nach dem heute in Berlin beginnenden Benzin-Gipfel der Bundesregierung sinkt, wird bezweifelt.
Da warnt der Leiter der Mechanikentwicklung bei BMW vor erhöhtem Motorverschleiß, was das Unternehmen postwendend dementiert; da sichert Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) zu, dass die sieben Prozent älterer Fahrzeuge, die E 10 nicht vertragen, unbefristet das alte Super tanken können, während der schwäbische CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber fordert: "Die Einführung muss gestoppt werden."
Auch Motorradfahrer zweifeln
Nicht nur Autofahrer sind verunsichert, sondern auch die Lenker von Motorrädern, Rollern, Mofas. "Ich rate davon ab, E 10 zu tanken", sagt Michael Voigt von Motorrad Waldmann. "Ich zahle zwar acht Cent mehr, habe aber einen niedrigeren Verbrauch und bin auf der sicheren Seite.
" Für ihn persönlich steht fest: "Kein E 10: weder ins Auto noch ins Motorrad."
"Bauchschmerzen" wegen des Biosprits hatte auch Ralf Kopetschke, Inhaber von Opel Huber in Marktoberdorf. Deshalb hat er entschieden, E 10 an seiner Tankstelle vorerst nicht mehr anzubieten: "Weil es nur sehr wenig getankt wurde." Außerdem sei es aggressiver als das alte Super und könne somit langfristig Schläuche und Dichtungen angreifen. Laut Kopetschke gibt es auch keine schriftliche Vorgabe der Bundesregierung gegenüber Tankstellen, den neuen Biosprit zwingend anzubieten. Er spricht von einer Empfehlung.
Beim Marktoberdorfer V-Markt kann man weiterhin E 10 zapfen. Doch "der Verkauf läuft schleppend, die Kunden trauen sich nicht", berichtet Marktleiterin Susanne Reck. "Wir hoffen, dass sich E 10 noch durchsetzt", sagt sie.