Neue Serie: Gesellschaftlich benachteiligt

28. Dezember 2010 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
martina diemand

Alleinerziehende haben im Alltag oft schwer zu kämpfen

Im Dorf heißt es, «wärst Du doch bei Deinem Mann geblieben», erzählt Sylvia. Und ihre Freude über den Krippenplatz, den sie für ihre einjährige Tochter gefunden hatte, währte auch nicht lang. Denn ihre Arbeit verliert die alleinerziehende Mutter jetzt vielleicht auch: «Teilzeit geht bei uns nicht», habe die Firma gesagt. Ein Einzelfall? Mitnichten.

4917 Ostallgäuer Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (das sind 18 Prozent) lebten 2009 in Einelternfamilien. In Füssen, Pfronten und Schwangau war es jedes vierte Kind. Das Leben ist für die Alleinerziehenden aber oft schwer. Wo es Selbsthilfegruppen gibt, in denen sie sich austauschen, und wo sie Unterstützung bekommen, stellen wir in einer Serie unserer Zeitung in loser Folge vor. Zum Auftakt wollen wir einen kurzen Überblick darüber geben, mit welchen Problemen alleinerziehende Eltern im Alltag zu kämpfen haben. Ein zentrales Problem ist die Vereinbarkeit von Kindererziehung und Arbeit, wie Heike Krautloher, Gleichstellungsbeauftragte am Landratsamt, betont: «Laut Gesetz müssen Arbeitgeber zwar Teilzeit erlauben, aber nur, wenn keine betrieblichen Gründe dagegen stehen.» Im Klartext heißt das: Wenn die Firma nicht will, gibt es keine Teilzeit.

«Und dann zu versuchen, den betreffenden Arbeitgeber umzustimmen, bringt nichts», weiß Krautloher aus Erfahrung.

Gerade im Süden des Landkreises seien die Alleinerziehenden oft die Sorgenkinder. «Im Hotel- und Gaststättengewerbe müssen sie auf Abruf zur Verfügung stehen. Wenn sie dann niemanden finden, der die Kinder nimmt, ist der Job schnell weg», so Krautloher. Erschwerend komme oft Unverständnis und Neid bei den Kollegen hinzu, wenn man mütterfreundliche Arbeitszeiten anbietet, ergänzt Diakon Elmar Schmid, der in Marktoberdorf Gruppen für Alleinerziehende betreut: «In dem Altenheim, das ich leitete, wurde ich immer gefragt, wieso die eine immer den Frühdienst machen darf.»

Aus diesen Gründen haben es Alleinerziehende im Beruf schwer. Etliche sind auf Hartz IV angewiesen. Das belegen die Zahlen, die die Jobcenter vorlegen. Demnach bekamen Anfang 2010 im Ostallgäu 242 Alleinerziehende Arbeitslosengeld 2. In Kaufbeuren waren es 347. «Dass jemand damit gut lebt, denkt man nur, wenn man die Kinder außer Acht lässt», sagt Diakon Schmid.

Nur 970 Euro im Monat

Das hebt auch Anja Mayr vom Jugendamt hervor, die eine Allensbach-Erhebung von 2008 zitiert. Nicht berufstätige, alleinerziehende Mütter mit einem Kind haben demnach 970 Euro monatlich zur Verfügung. «Das mittlere monatliche Haushaltseinkommen im Ostallgäu liegt aber bei 2700 Euro», so Mayr. Hinzu komme, dass einige ehemalige Partner der Alleinerziehenden säumige Unterhaltszahler seien.

Doch die Probleme sind nicht nur finanzieller Natur. Vielfach beklagen Alleinerziehende eine Art von Stigmatisierung. Das sei ein Problem, sagt Christian (Name geändert), der in einem 700-Einwohner-Ort zwei Söhne großzieht. «Ich werde links liegen gelassen», sagt er.