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Beschimpfung als Wegelagerer? Da stehe ich drüber! - Eine junge Polizistin aus Pfronten über das Blitzen

Im Einsatz

Beschimpfung als Wegelagerer? Da stehe ich drüber! - Eine junge Polizistin aus Pfronten über das Blitzen

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    Beschimpfung als Wegelagerer? Da stehe ich drüber! - Eine junge Polizistin aus Pfronten über das Blitzen
    Beschimpfung als Wegelagerer? Da stehe ich drüber! - Eine junge Polizistin aus Pfronten über das Blitzen Foto: hta

    Susanne Gebhardt (27) setzt sich die Polizeimütze auf. Die neonfarbene Schutzweste hat sie schon an. Das grelle Gelb der Weste reflektiert im Sonnenlicht. Natürlich macht das Lasern bei so einem super Wetter gleich mehr Spaß, sagt Gebhardt und lacht. Sie ist Polizeiobermeisterin im Gebiet Pfronten und Nesselwang. Die Geschwindigkeitskontrollen gehören zu einer ihrer Routine-Aufgaben.

    Mit dabei ist Kollege Klaus Schneider. Heute führen die beiden Laser-Kontrollen an der Talstation der Breitenbergbahn in Pfronten durch. Susanne Gebhardt erklärt, dass es sich hier um eine sogenannte Gefahrenstelle handelt. Hier überqueren viele Touristen und Wanderer die Straße und es macht den Anschein, dass es schon nach außerorts aussieht, sagt die 27-Jährige und baut das Blitzergerät auf dem Gehweg auf.

    Nach den ersten Testaufnahmen fällt Gebhardt sofort ein dunkler Porsche Cayenne auf, der es bei der Lasermessung auf über 70 Kilometer pro Stunde bringt. Erlaubt sind hier 50 Km/h. Susanne Gebhardt ruft zu ihrem Kollegen Schneider hinüber und der winkt die Fahrerin des SUV an den Straßenrand. Die Frau ist eine von, laut Gebhardt, gefühlt 15 Prozent der Autofahrer, die bei jeder der etwa ein bis zwei Stunden langen Kontrolle zu schnell fahren.

    Über Blitzerwarnungen von Radiovon all-in.de über die Häufigkeits-Verteilung von Blitzer-Standorten unter www.blitzer.all-in.de weiß die Polizistin Bescheid. Ich kenne jetzt aber keinen, der da vor jeder Fahrt schaut, wo stehen die Blitzer? Und: Wo kann ich rasen oder nicht?, sagt Gebhardt. Die Polizisten haben immer noch genug zu tun: Es fahren viele zu schnell.

    Die Frau am Steuer reagiert freundlich auf die Beamtin. Ihr sei gar nicht aufgefallen, dass hier noch die 50 Kilometer pro Stunde gelten. Polizist Klaus Schneider nickt und meint, dass es hier besonders viel Ortsunkundige trifft. 73 km/h hatte die Porsche-Fahrerin aus dem Oberallgäu auf dem Tacho. 3 km/h Toleranzabzug haben die Polizisten schon mit einberechnet. Das bedeutet: 50 Euro Strafe und einen Punkt in Flensburg.

    Gebhardt kommt ursprünglich aus der Oberpfalz und ist seit drei Jahren im Ostallgäu als Polizistin stationiert. Sie hat in dieser Zeit viele Erfahrungen beim Blitzen gesammelt. Gott sei Dank, sagt sie, reagierten die meisten Autofahrer freundlich. Für sie spielt es keine Rolle, wen der Laser beim zu schnellen Fahren trifft. Egal ob es eine Mutter war, die ihr Kind in die Schule fährt, oder der typische junge Fahrer mit Käppi, den man sich landläufig als Raser vorstellt. Den hat es dann erwischt und es ist dann so, antwortet Gebhardt auf die Frage, ob sie bei manchen Verkehrsteilnehmern mehr Genugtuung als bei anderen verspüre, wenn sie sie blitzt.

    Ich denke, manche Personen haben gegenüber einer Frau doch noch Hemmungen gleich so aufbrausend hinzulaufen, sagt Gebhardt. Das heißt nicht, dass die junge Polizistin bei den Reaktionen einen Vorteil gegenüber den männlichen Kollegen hätte. Ihr ist es auch schon oft passiert, dass ein geblitzter Autofahrer sie als Wegelagerer beschimpft hat. Die Erfahrung zeigt, dass es eh schon meistens Personen sind, die mit der Polizei zu tun hatten, in Sachen Geschwindigkeitsverstoß schon Punkte haben und um ihren Führerschein fürchten, erzählt Gebhardt.

    Einer hat sich gar nicht erst sagen lassen, wie viel er überhaupt zu schnell gefahren ist, erzählt Gebhardt von der schlimmsten Reaktion eines Autofahrers. Er ist dann auch schon aus seinem Auto rausgesprungen und hat uns gleich als Wegelagerer beschimpft. Ob wir nicht Besseres zu tun haben. Und dass das alles zu Unrecht ist. Und er geht so oder so vor Gericht, sagt Gebhardt. Der Mann hätte gleich bar zahlen können. Das Bußgeld wäre im Verwarnungsbereich gewesen. Aber sie konnte nur noch die Personalien des Mannes aufnehmen, um ihm den Bußgeldbescheid per Post zu schicken. Monate nach dem Vorfall kam kein Einspruch. Also hat er es dann doch noch eingesehen scheinbar, sagt Gebhardt.

    Für die Polizisten ist etwas-zu-schnell-fahren, ganz menschlich. Kollege Klaus Schneider weiß, dass man in modernen Autos kaum die tatsächliche Geschwindigkeit spürt. Deshalb messen die Beamten zum Beispiel in einer 70er-Zone erst ab 15 km/h Geschwindigkeitsüberschreitungen. Alles darüber wäre für sie rasen. Über allem darunter können die Beamten sagen: Das ist noch nicht gefährdend. Das macht eben jeder mal.

    Mit einem Lächeln gibt Susanne Gebhardt der Porsche-Fahrerin den Führerschein wieder zurück. Die Frau hat die Strafe akzeptiert: 23 Kilometer pro Stunde mehr waren dann doch zu schnell. Sie kann weiterfahren.

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