Gottfried Schmid-Lindner steht barfuß auf seinem Grundstück, den Blick ins Feuer gerichtet. Mit verschränkten Armen beobachtet der Tierarzt am frühen Samstagmorgen, wie sich die Flammen in beängstigender Schnelle ausweiten und ihm und seiner Familie Hab und Gut nehmen. In nicht einmal zwei Stunden hat ein Großbrand im Roßhauptener Ortsteil Vorderzwieselberg ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen komplett zerstört. Das Feuer, das am Samstag gegen vier Uhr nach ersten Erkenntnissen vermutlich im hinteren Teil des Anwesens, in dem eine Scheune und eine Zimmerei untergebracht waren, ausbricht, greift schnell auf das angrenzende Wohnhaus der Familie über, die im Schlaf von dem Feuer überrascht wird, sich aber in Sicherheit bringen kann.
'Das ist das Wichtigste', sagt Besitzer Schmid-Lindner, Dritter Bürgermeister von Roßhaupten. Für das aufwendig sanierte Anwesen der Familie kommt allerdings jede Hilfe zu spät. 'Es wird nichts mehr zu retten sein', ist sich der Ostallgäuer Kreisbrandrat Markus Barnsteiner bereits um halb sechs Uhr, eineinhalb Stunden nach Ausbruch des Großbrands, sicher. Dabei war die Feuerwehr von Roßhaupten zwölf Minuten nach der Alarmierung vor Ort. 'Wir sind gerade von einem anderen Einsatz wieder zu Hause angekommen', erklärt deren Kommandant und Einsatzleiter Robert Unterreiner. Doch als die Einsatzkräfte in dem kleinen Ortsteil eintreffen, brennt das Anwesen lichterloh. 'Unser erstes Ziel war daher, zu verhindern, dass das Feuer auch auf die Gebäude der Nachbarn übergreift', so Unterreiner.
Das gelingt den Wehren aus Roßhaupten, Füssen, Rieden und Lechbruck, die inzwischen mit 130 Mann vor Ort sind. 'Wir hatten das Feuer nach einer Stunde im Griff', berichtet Barnsteiner. Die Familie hat sich selber in Sicherheit bringen können.
'Ich habe Schreie gehört, dann ein Klopfen an meiner Tür', weiß Gottfried Schmid-Lindner noch. Er griff nach seiner Hose und seinem Hemd und eilte nach draußen – für Schuhe war keine Zeit mehr. Inzwischen ist der hintere Teil des ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesens bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Vom alten Bauernhaus wird am Ende auch nicht viel übrig sein. Schmid-Lindner weiß: 'Was das Feuer nicht zerstört, übernimmt das Löschwasser.'
Bis in die Mittagsstunden sind die Feuerwehren mit den Nachlöscharbeiten auf dem Anwesen beschäftigt. 'Wir sind froh, dass die Arbeiten gut gefruchtet haben', sagt Barnsteiner. Denn die spezielle Lage am Rand des Orts, zudem an einem Hang, stellten auch die Einsatzkräfte vor eine große Herausforderung. Mit teils langen Schlauchleitungen wurde das Löschwasser durch den Ort befördert, und Landwirte schafften mit Güllefässern immer wieder neues Wasser heran. Warum das Feuer indes ausbrach, blieb bis gestern unklar. 'Die Brandermittler werden den Schaden am Montag, vielleicht sogar erst am Mittwoch begutachten', sagt Barnsteiner am Samstagnachmittag. Vorläufigen Schätzungen der Polizei zufolge liegt der Schaden bei gut einer Million Euro.
'Auf uns kommt jetzt eine Menge Bürokratie zu', so Schmid-Lindner. Immerhin: Eine Bleibe hat die Familie gefunden. Nachbarn haben angeboten, ihre neuen Ferienwohnungen zur Verfügung zu stellen. 'Da ist ein tolles Angebot', freut sich der Tierarzt über die Hilfsbereitschaft. Seine Frau, die in dem Anwesen eine Hebammen-Praxis betreibt, weiß zu diesem Zeitpunkt von alledem noch gar nichts: Sie ist bei Verwandten zu Besuch in München. 'Noch habe ich mich nicht recht getraut sie anzurufen', gesteht Schmid-Lindner, den Blick weiter ins Feuer gerichtet.
Von einem sanierten, ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen in Roßhauptens Ortsteil Vorderzwieselberg war am frühen Samstagmorgen nicht mehr viel zu retten: Ein Großbrand hatte Scheune und Wohnhaus komplett zerstört. Das Feuer war vermutlich im hinteren Teil des Gebäudes ausgebrochen, das bis auf die Grundmauern niederbannte. Gut 130 Einsatzkräfte kämpften gegen die Flammen an.