Ein großer Unterhaltungskünstler ohne Allüren gab dem Parterretheater im Künerhaus die Ehre: Andreas Giebel, der dem PiK seit 23 Jahren verbunden ist. Diesmal taucht er sich und sein Publikum in das "Sammelbecken der Leidenschaft". Das klingt rasant und abgehoben, ist aber die bayrisch-gemütliche, einfallsreich-witzige Suche nach dem, was wirklich Sinn macht.
Entwaffnend ehrlich und selbstironisch gesteht er seine Unzulänglichkeiten, Ärgernisse und Probleme im täglichen Leben - der Zuschauer kann sich dabei gleich wiedererkennen.
Andreas Giebel ist der sympathische Nachbar, der mit der oberen Gewichtsgrenze im Aufzug Schwierigkeiten hat. Sein Terminkalender, in dem er die Nebensächlichkeiten des Alltags notiert, ist zwar randvoll, aber weit weg von den wichtigen Dingen des Lebens. Um das zu ändern, bräuchte er vielleicht eine Auszeit, über die er in seinem Stammcafé und in der kleinen Vinothek seines Freundes Herbert nachdenkt.
Zu Plänen wie Verreisen, Auswandern, Urlaub fällt dem grantigen Herbert nur ein Horrorszenario ein. "Mein Körper ist froh, wenn er daheim sei Ruh hat - und diese Meinung teil ich mit ihm!"
Irgendwann wollte er schon einmal mit Freunden die amerikanische Route 66 entlang fahren, das Wild-West-Gefühl mit abgefahrenen Rast- und Wirtshäusern erleben. Stattdessen haben sie sich in der Münchner Innenstadt eine feuchtfröhliche Route ausgedacht. Einmal im Monat fingen sie am frühen Morgen, entsprechend der USA-Landkarte, in "Kalifornien" im "Sorgenbrecher" mit den ersten Bieren und Schnäpsen an. Über die Kneipen in Texas, Oregon oder Missouri, bis hin zur Endstation "Die letzte Bleibe" in Illinois (am Hesseloher See) kämpften sie sich durch. Zehn Jahre später fanden sie auf der Strecke nur noch eine 24-Stunden-Videothek, zwei Friseurläden, ein Nagelstudio und ein riesiges Matratzenlager.
Wenn Andreas Giebel seinem Ärger über die TV-Nachrichten Luft macht, wenn er sein Scheitern an der modernen Technik eingesteht und seine Verzweiflung über die unvermeidlichen Kundenkarten, wenn er es nicht schafft, den Keller auszuräumen oder den Kampf mit dem Restmüll zu gewinnen, bewegt er sich mit Leichtigkeit und zwerchfellerschütternder Komik über die Bühne.
Besserwisser und dumpfe Griller
Die Beschreibung eines Straßenfestes in seiner Wohnsiedlung gerät dann zum fulminanten Höhepunkt. Da sind der ewige Besserwisser, der dumpfe Griller, der zahnlose Sänger, die Super-Hausfrau, die Montessori- und Walddorfmütter, die Vereinsmeier und Schwätzer. Dazwischen Giebels "alter ego", der Herbert: "Wer immer redt, der lernt kan kenna".
Die Stimmung eskaliert dank Alkohol und Regenschauer. Wenn sich danach ein heller Sternenhimmel wölbt, wird der Kabarettist fast elegisch angesichts der vertrauten Unendlichkeit.
Giebels Kabarett-Abend kommt ohne Politikerschelte, ohne Kanzlerinnenpersiflage, ohne Beziehungskistendemontage aus. Es ist ein Abend mit leisem Schmunzeln und lautem Gelächter, voll kritischen, aber verständnisvollen Fingerzeigen auf die Schwächen unserer Gesellschaft.