Von Christoph Pfister Oberstdorf Es war einmal eine Musiktheater-Gattung, die verzückte feine Damen und auch Bürger, lockte laufend in die Theaterhäuser, Komponisten zu schieren Wettläufen. Heute noch wird die Operette regelmäßig aus ihrem Dornröschenschlaf geholt. Sehr zur Freude einer beachtlichen Seher- und Hörergemeinde in Oberstdorf. Ein Musenkuss war es gerade nicht, mit dem die Csárdásfürstin im Kurhaus geweckt worden war. Eher ein fades Busserl, das die Johann-Strauß-Operette-Wien verteilt hatte, wenngleich geziert mit einem Häubchen Schmäh und einer guten Ecke Wiener Charme. Text und Handlung der typischen Wiener Operetten verdienen kaum Beachtung. Floskeln sind es, Versatzstücke, die immer wieder neu kombiniert und vermischt werden. Da kommt es sehr auf den Spielwitz der Figuren auf der Bühne an, damit man Spaß daran haben kann. Freude haben in der aktuellen Inszenierung ausgerechnet Senior und Junior der reisenden Truppe gemacht: Helmut Seufert als verschmitzter, angenehm altersweiser Fürst Leopold Maria und Markus Puchberger, in der für einen Grafen (Boni) schon fast zu turbulent ausgestalteten Rolle, richtig lebendig, vielfältig und mit vollem Eifer ausgespielt. Mit Isabella Lechner, die der Komtesse Stasi glückliche Verliebtheit zu zwei Männern herzlich wie charmant aufsetzte, endet dann auch schon das muntere Spiel: Der junge Fürst Edwin Ronald wirkte durch Peter Widholz in so viel aristokratische Noblesse zurückgezogen, dass man ihm seine konflikt-schwere Liebe nur schwer abnehmen konnte.
Auch die verehrte Brettl-Diva Sylva Varescu fand in Evelyn Lennert nicht gerade die Ausgestaltung einer solchen in der Wiener Operette nicht seltenen Bühnenfigur. Der Rest des Ensembles beließ die Nebenrollen leider bei denselben. Die adelige Zurückhaltung schien sich in den Stimmen fortzusetzen: Arg leise und auch dünn kam es da bisweilen über die Rampe der sicherlich für Musiktheater nicht idealen Kursaales, wenig lustvoll oder gar mitreißend. Der Csárdásfürstin sei es gerne nachgesehen, hatte Evelyn Lennert doch unter einer offensichtlichen Indisposition zu leiden, aus der sie aber mit einer gewissen Bravour das Beste gemacht hatte. Feine Geschmeidigkeit zeichnete die Stimme des jungen Fürsten aus und das neue Paar, gemimt von Isabelle Lechner und Markus Puchberger, ließ gesanglich einen schönen Ansatz von Leidenschaft und rollengerechter Ausgestaltung erkennen. Freilich ein gutes Stück auch gegen ungünstige Akustik und ein Orchester, dessen Streicher selbst in den ersten Reihen kaum zu vernehmen waren. Die Bläser legten dafür mit Macht los. Dirigent Marek Kudlicki hatte da keine Chance oder zumindest einen schlechten Tag in Oberstdorf. Nicht gerade ein Glanzlicht das Bühnenbild von Norbert Art-Uro, schwach der Effekt der Kostüme. Ökonomische Zwänge einer Reisenden Bühne sind wohl nicht die Gründe für diesen matten Rahmen. Die Einrichtung der Csárdásfürstin, vor allem dank einigen immergrünen Melodien von Emmerich Kálmán zu Beliebtheit gelangt, durch Trude Stemmer atmete reichlich Wiener Operettenluft, ohne muffig zu werden, war allerdings auch ohne persönliche Handschrift geblieben.