Kempten(bb). - '30 Jahre war ich treuer Bahnfahrer', schreibt Gottfried Mayrock aus Sonthofen. Jetzt überlegt der Oberallgäuer wegen der unflexibler gewordenen Anschlüsse in Zukunft nur noch sein Auto oder gleich das Flugzeug zu benutzen. So oder ähnlich äußern sich die meisten Leser, die unserer Bitte, ihre Erfahrungen mit dem neuen Fahrplan und Tarifsystem der Deutschen Bahn zu schildern, nachgekommen sind. Auszüge aus den Zuschriften: Siegfried Holzknecht aus Durach (Oberallgäu): 'Ich fahre fast täglich die Strecke Durach-München und zurück, meine beiden studierenden Söhne München-Durach sowie Mainz-Durach. Positiv sind die Verbilligung auf langen Strecken, die Vereinfachung der Spartarife, günstige Mitfahrertarife und Vorteile für Familien mit Kindern. Negativ: Der 40-prozentige Rabatt ist ein Lockvogelangebot. Diese Ermäßigung ist nur durch langes Vorbuchen möglich, wenn es nicht schon Wochen voraus ausgebucht ist. Auf der Strecke Kempten-Pfronten fehlt die Abstimmung. Die Umsteigeverbindungen für Reisende aus München sind zu 50 Prozent nicht auf die Anschlüsse der Verbindung Kempten-Pfronten ausgerichtet. In Ulm müssen Reisende aus dem Allgäu bei verschiedenen Zügen zur Weiterfahrt Richtung Stuttgart eine Wartezeit von fast einer Stunde einkalkulieren.' Thomas Henkel aus Kempten: 'Mir als Bahnkunde ohne Internet-Aschluss ist der neue Fahrplan immer noch nicht zugänglich. Nach mehrmaligen Besuchen und Rückfragen beim Bahnhof Kempten musste ich leider feststellen, dass weiterhin keine CD-ROM elektronischer Fahrplan, Städteverbindung Kempten, bzw. Streckenfahrpläne für den Allgäu-Schwaben-Takt in gedruckter Form aufliegen oder käuflich zu erwerben sind. Ich werde meine Bahnfahrten bis auf weiteres ausfallen lassen und meine Reisen aufs Auto verlegen, bis der gültige Fahrplan vom 15. Dezember 2002 auch mir zur Verfügung steht.' Claudia und Wolfgang Bobinger aus Obergünzburg (Ostallgäu): 'Am 30.
Dezember fuhren wir - fünf Erwachsene und zwei Kinder (10 und 13 Jahre alt) - von Günzach nach München-Isartor. Da wir vom Frühbucherbonus hörten, kauften wir die Fahrkarten bereits am 22. Dezember am Schalter in Kaufbeuren, nachdem wir im Internet nicht den richtigen Durchblick hatten. Wir staunten nicht schlecht über den 'günstigen' Fahrpreis von 75 Euro. Auf der Hinfahrt machte uns der Schaffner darauf aufmerksam, dass wir für die 'kostenlos mitfahrenden' eigenen Kinder nur bis Geltendorf gezahlt hätten und somit noch 12 Euro fällig wären. Hiermit waren wir bei einem Fahrpreis von 87 Euro. Auf dem Münchner Hauptbahnhof erhielten wir die Auskunft, dass wir bei einer Buchung eine Woche im Voraus 76,80 Euro hätten zahlen müssen. Aber auch hier hätten wir für die Kinder bezahlen müssen, obwohl fast täglich die Bahn damit wirbt, dass bei ihnen eigene Kinder bis einschließlich 14 Jahren nichts bezahlen. Werbung mit Unwahrheiten. Na, wenn sich auf diese Weise ein marodes Unternehmen nicht sanieren lässt, wie dann? Aber mit unserem Geld sicherlich nicht mehr!' Gottfried Mayrock aus Sonthofen (Oberallgäu): '30 Jahre war ich treuer Bahnfahrer, ob im Urlaub bis Süditalien oder Frankreich, aber auch beruflich. Trotzdem bin ich kein Masochist, obwohl die Bahn teuer ist und weniger Service als sogar Billigfluglinien bietet. Ich schätzte gerade das Flexible, dass man nicht früh buchen muss, dass das Verpassen der Abfahrt kein Drama ist, weil immer ein nächster Zug geht. Niemand kann wissen, ob sich zum Beispiel ein Gerichtstermin bis in den Nachmittag zieht oder nach einer halben Stunde aus ist oder der Abstieg vom Berg eine Stunde länger dauert. Dass Menschen wie ich nicht angesprochen werden sollen, ist eine freie unternehmerische Entscheidung der Privatbahn. Es ist meine freie Kundenentscheidung, dann lieber gleich mein Auto oder ein Flugzeug zu benützen.' i Haben auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, gute oder schlechte Erfahrungen mit dem neuen Tarifsystem der Bahn gemacht? Schreiben Sie uns: Allgäuer Zeitung, Rundschau-Redaktion, Stichwort: Bahn, Postfach 3155, 87440 Kempten, oder mailen Sie an: redaktion. rundschau@azv. de.