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Ziel ist ein Leben ohne Kriminalität

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Ziel ist ein Leben ohne Kriminalität

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    Kaufbeuren (bbm). - Wenn ein verurteilter Straftäter der Aufsicht der Bewährungshilfe unterstellt wird, dann wird dies vom Betroffenen nach Erfahrung von Angela Gerum, der leitenden Bewährungshelferin im Landgerichtsbezirk Kempten, zumeist 'erst einmal als Zwang empfunden'. Oft entwickle sich aber eine durchaus vertrauensvolle Beziehung, die mit dazu beitrage, dass ein erheblicher Teil der Bewährungsverfahren erfolgreich abgeschlossen werden könne. 'Im Bereich des Amtsgerichts Kaufbeuren schaffen es gut zwei Drittel unserer Probanden', erklärt Bewährungshelfer Wolfgang Amsbeck im AZ-Gespräch anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Bayerischen Bewährungshilfe und des morgigen 'Tags der Justiz'. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Aufgabenfeld der Bewährungshilfe, die es in Kaufbeuren übrigens seit 33 Jahren gibt, deutlich erweitert und verändert. 'Als ich vor vielen Jahren angefangen habe, waren es fast ausschließlich Jugendliche und Heranwachsende, denen Wege aufgezeigt werden sollten, ohne erneute Kriminalität zu leben', erinnert sich Angela Gerum. Mittlerweile sei die Bewährungshilfe auch verstärkt für Erwachsene zuständig, insbesondere dann, wenn nach Haftentlassungen der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt wird. Des Weiteren werde die Führungsaufsicht von Menschen übernommen, die aus dem Maßregelvollzug der Psychiatrie entlassen werden. Ein Blick in die Statistik der vergangenen Jahre zeigt eine stetige Zunahme der Fallzahlen: Waren es 1999 im Bereich des Amtsgerichts noch 146 Probanden, so sind es derzeit rund 270 Personen, die von den erfahrenen Bewährungshelfern Angela Gerum, Wolfgang Amsbeck und Manfred Gall betreut werden. Demnächst wird noch eine weitere Sozialarbeiterin das Team verstärken. In allen Fällen nimmt die Bewährungshilfe einerseits eine Aufsichtsfunktion wahr - insbesondere was das Einhalten von Auflagen wie Arbeitsleistungen oder Geldbußen angeht - ist aber gleichzeitig um individuelle Unterstützung bemüht. Das Angebot reicht hier von praktischen Hilfen wie Ämtergänge, Schuldenregulierung und Motivationsarbeit bis zu Hausbesuchen und Familiengesprächen. 'Unser Ziel ist das Leben ohne Kriminalität und nicht das Bestreben, die Betroffenen schnell hinter Gitter zu bringen', betont Angela Gerum. Die Schwierigkeiten im Einzelfall sind so vielfältig wie die Gründe für die Straffälligkeit und reichen von Suchtproblemen und psychischen Erkrankungen bis zu fehlenden beruflichen Perspektiven und hohen Schulden. Einen deutlichen Schwerpunkt registrieren die Bewährungshelfer bei Straftaten, denen eine Alkohol- oder Drogenproblematik zugrunde liegt. Ein wichtiger Faktor bei der Arbeit mit diesen Probanden sei die 'wirklich gute Zusammenarbeit' mit dem Bezirkskrankenhaus und der Suchtberatung. Auffällig seien bei Drogentaten sowohl die steigende Zahl von Mädchen und Frauen - wobei weibliche Probanden insgesamt nur etwa zehn Prozent der Klientel der Bewährungshilfe stellen - als auch der Anteil junger, zumeist männlicher Russlanddeutscher. Letztere sind nach Erfahrung der Sozialarbeiter oft 'doppelt entwurzelt': In Russland als 'Deutsche' diskriminiert, würden sie jetzt in Deutschland häufig als 'Russen' ausgegrenzt. Dazu kämen Sprach-Probleme und eine sich verschlechternde Situation auf dem Arbeitsmarkt.

    Berufliches Umfeld wichtig Das Fehlen eines halbwegs intakten beruflichen Umfelds, birgt nach Erfahrung der Bewährungshelfer verstärkte Rückfall-Risiken und damit die Gefahr eines Widerrufs der Bewährung. Um hier eine verbesserte Ausgangslage zu schaffen, bemüht sich die Bewährungshilfe mit Unterstützung eines von ihr initiierten Vereins seit Jahren darum, Langzeitarbeitslose und nicht im Arbeitsleben integrierte Personen in der Kaufbeurer Torhaus-Werkstatt auf einen beruflichen Neustart vorzubereiten. Abgerundet wird das Angebot durch eine Wohngruppe für Suchtkranke in Zusammenarbeit mit der Caritas Kaufbeuren.

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