Obermaiselstein (dme). - Ganz alleine unter dem Dach des Cafe Rapp in Obermaiselstein und vertieft in die Getränke- und Speisekarte sitzt eine junge Frau. Skilangläuferin Evi Sachenbacher aus Reit im Winkl hat sich nicht ins Allgäu verirrt. Nein, die 22-Jährige hat nach einer anstrengenden Radelwoche im Schwarzwald in Obermaiselstein bei ihrem Freund Johannes Stehle Station gemacht. 'Ein paar Tage verschnaufen und ausruhen, bevor es in Ruhpolding wieder mit dem normalen Trainingsablauf weitergeht', nennt das Aushängeschild der deutschen Langläuferinnen als Ziel ihres Abstechers ins Allgäu. Zudem stand ein Besuch beim Zahnarzt auf dem Programm. Dafür fehlt während der Wettkampfsaison angesichts des dichten Terminkalenders einfach die Zeit. So oft es geht, kommt Evi Sachenbacher nach Obermaiselstein, um ihren Freund, den Skirennläufer Johannes Stehle, zu treffen. 'Im Winter ist das sehr schwierig, weil wir Wettkämpfe an unterschiedlichen Orten haben', erklärt die Skilangläuferin, die heuer bei der WM mit der Staffel die Gold- und im Skiathlon die Silbermedaille gewonnen hat. Zudem gab es keinen Urlaub, weil Evi Sachenbacher an einem Bundeswehr-Lehrgang in Sonthofen teilnehmen musste. Sie freue sich immer darauf, bei ihrem Freund zu sein, erzählt Evi Sachenbacher. 'Von ihm kann ich vor allem das Abfahren lernen, was einer meiner Schwachpunkte ist', sagt die Oberbayerin. 'Mir wäre es am liebsten, wenn der Start im Tal und das Ziel auf dem Berg wäre und ich dann mit der Seilbahn wieder nach unten fahren könnte.' Doch Evi Sachenbacher nimmt es wie es kommt und lächelt fast in jeder Situation: 'Ich habe mir ja den Sport selber ausgesucht. Also muss ich auch damit klar kommen.' Froh ist die Sportlerin vom WSV Reit im Winkl aber, dass die Fahrradtouren durch den Schwarzwald mit täglich bis zu 160 Kilometern Länge und 3000 Höhenmetern ein Ende haben. Da ist der Staffel-Olympia-Siegerin das Training auf Roller-Skiern im Bundesleistungszentrum in Ruhpolding, 16 Kilometer von ihrer Wohnung entfernt, schon lieber. Bis zu zwei Einheiten pro Tag mit je 30 bis 45 Kilometern stehen dort unter Aufsicht von Trainer Bernd Raupach aus Wasserburg an. Dabei ist das Trainingspensum in der Vorbereitung auf den kommenden Winter etwas reduziert worden, weil keine WM und keine Olympischen Spiele anstehen. Für die Weltmeisterschaft 2005 in Oberstdorf ('dort habe ich einen Heimvorteil') werde dann das Training wieder angezogen, erklärt Evi Sachenbacher.
An Wechsel zum Biathlon gedacht Weil sie in Ruhpolding trainiert, dem Zentrum des deutschen Biathlonsports, hatte die 1,62 Meter große und nur 52 Kilogramm leichte Athletin schon mal an den Wechsel der Disziplin gedacht: 'Das war damals, als es beim Langlauf nicht so lief.' Doch inzwischen ist das Schnee von gestern. Mittlerweile ist der Langlaufsport in Deutschland aufgrund der Erfolge von Evi Sachenbacher und anderer Athleten ins Interesse der Medien gerückt. Sachenbacher sieht zwei Gründe für den Aufwärtstrend: 'Zum einen ist bei uns im Team eine tolle Stimmung. Durch die verschärften Dopingkontrollen gibt es praktisch keine schwarzen Schafe mehr. Dadurch haben auch deutsche Athleten die Chance, ganz vorne mitzulaufen.' Mit den Erfolgen stieg auch die Beliebtheit der deutschen Langläuferinnen. 'Nach der Olympiade 2002 habe ich mehr als 100 Zuschriften pro Tag erhalten. Da bin ich kaum noch damit nachgekommen, die Briefe zu beantworten.' Trotz des Ansturms erledigt die Vierte des Gesamt-Weltcups 2003 die Fanpost selbst. 'Das ist mir wichtig.' Ein Gradmesser für den Beliebtheitsgrad sind auch die 40000 Autogrammkarten, die sie in einem Jahr verschenkt hat. 'Da nutzt man jede freie Minute, vor allem auf den Reisen im Hotel, um Karten zu unterschreiben.' Am liebsten ist Evi Sachenbacher natürlich daheim. Inzwischen ist sie ein paar Häuser entfernt vom Elternhaus, aber in Sichtweite zu Mutter und Vater, in eine kleine Wohnung gezogen, in die sie sich zurückziehen kann. Wenn Evi Sachenbacher, die im vorigen Winter vier Weltcup-Rennen gewann, ihre WM-Medaillen anschauen will, dann muss sie zu den Eltern gehen. Die Edelmetalle hängen in einem vom Opa gebauten Schrank. Die Olympia-Medaillen werden in einem Safe bei einer Bank sicher verwahrt.