Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Zartes Geheimnis in duftenden Blüten

Oberstaufen

Zartes Geheimnis in duftenden Blüten

    • |
    • |

    Er sagt es mit Beethoven: "Les Adieux". Michael Endres, der gebürtige Sonthofer, Klavierprofessor in Berlin, in der Heimat immer gerne gehört, zieht es nach Neuseeland. Und so bekommt die Sonate Opus 81a Doppelsinn auf dem Oberstaufner Schlossberg, wo für dieses Konzert das Sitzplatzangebot mehrfach erweitert werden muss.

    Wir unterlassen die zahllosen Deutungen, die kluge Köpfe wie Freigeister dem Werk abringen wollen, freuen uns vielmehr, dass Michael Endres sie energiereich und musikantisch aufführt, statt Klage zu führen. Gleichwohl mit Spürsinn und Lust auf Details die Themen und Motive entfaltet. Zarte Natürlichkeit bekommt Raum und Gewicht, ohne - wie im Mittelsatz schon durch Beethovens Bezeichnung bestimmt - die Expressivität zu bremsen. Endres wählt verhältnismäßig hohes Tempo, ohne Tiefgang zu negieren. Mag sein, dass Trauer über die Zwangstrennung vom erzherzoglichen Freund, Wut auf Napoleon als Verursacher, sachlicher erscheinen als in anderen Deutungen dieses Beethoven-Stücks, schlüssig ist und bleibt sein "Lebewohl".

    Dann eine "Schubertiade", eröffnet von den vier Impromptus D 899. Das Raunen der Klavierfreunde im Saal ist unausgesprochen zu vernehmen, und Michael Endres windet der Romantik, sicherlich mehr überzeugt, denn pflichtschuldig, duftende Blüten. Nicht die aus der Schießbude und auch nicht die überzuckerten von den Torten, sondern die aus dem edlen Rosengarten der Romantik, die manch zartes Geheimnis bergen dürfen und ihre Pracht nicht prahlerisch gen Himmel strecken.

    Die Rhythmik führt angenehm präsent durch das Opus 90, offenbart Finesse im herzlichen Gefühl und führt zurück zum Tugendpfad der Klarheit, zur Emotion, die anrührt und gleichwohl die Contenance eines Pianisten wahrt, der Schubert nicht auf dieses Genre fixiert und Zeitgeist nicht negiert, doch kritisch aussortiert. Auch wenn es schnöder Werbung entliehen ist, hier führen Herz und Verstand des Meisters Hand.

    Selten war ein Programmwechsel so beglückend, denn Michael Endres bleibt bei Schubert, jetzt mit einer "feierlichen zart-hymnischen Note" (so Alfred Brendel). Ein analytisch-trockener Einstieg bekommt der Sonate B-Dur D 960 nicht schlecht, lenkt das innere Auge auf das friedliche, motivreiche Material. Dramaturgisch geschickt entblättert Endres die Varianten, spielt sich durch die Interdependenzen, spiegelt die zauberhaften Weisen in klanglicher Erdhaftigkeit, sucht in einzigartiger Dynamikwahl Nahaufnahmen, weitet sie zum Horizont im niemals hektischen Wechsel durch Harmonien, legt effektvoll Blässe auf und kokettiert mit den Längen und Schuberts Dur-Moll-Schnitten.

    Bleibt der Wunsch: Auf Wiederhören. Vivacissamente, so wie Michael Endres es im Beethoven-Finale brillant präsentiert hat.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden