"Ich fühle mich zusammen mit meinen Patienten von den Funktionären ausgenutzt", sagt der Marktoberdorfer Zahnarzt Dr. Manfred Schöps. In seiner Zunft machen sich Unverständnis und Verärgerung darüber breit, dass Zahnärzte bei Behandlungen von AOK-Versicherten für den Rest des Jahres voraussichtlich nur mit einem Drittel des üblichen Honorars rechnen können. Hintergrund ist, dass bei der AOK (72000 Versicherte im Ostallgäu) das Geld nicht für alle Leistungen reichen wird. Das behauptet zumindest die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB), welche die Honorare an die Zahnärzte ausbezahlt. Mit der AOK hatte die KZVB kürzlich erfolglos über die Erhöhung der Mittel nachverhandelt.
"Wenn ich mit dem Maler für das Streichen einer Wand einen Preis von 150 Euro vereinbare, gibt der sich am Ende auch nicht mit 50 Euro zufrieden", beklagt die Marktoberdorfer Zahnärztin Heidrun Schuhose. Ihr Kollege Schöps gibt zu Bedenken, dass die aktuelle Problematik nicht neu ist. Das vorgesehene Budget reiche nie: "Im Januar bekommen wir 100 Prozent des uns zustehenden Honorars, im Dezember erhalten wir seit Jahren für die gleiche Leistung nur noch 65 Prozent", erläutert der Zahnarzt. Das betreffe alle gesetzlichen Krankenkassen. Besonders sei heuer, dass bereits im Oktober finanzielle Engpässe in dieser Größenordnung auftreten, so Schöps.
Heidrun Schuhose macht sich deshalb sogar Sorgen um ihre Praxis: "Ich habe mich erst im Februar selbstständig gemacht, da sind derartige Honorareinbußen über ein ganzes Quartal existenzgefährdend."
Alfred Baur vom Privatkundenservice der AOK Kaufbeuren/Ostallgäu vermutet, dass die KZVB den Zahnärzten für den Rest des Jahres nur noch ein Drittel des üblichen Honorars garantiert, um Druck für die Budget-Verhandlungen mit der AOK aufzubauen. Die habe aber nicht vor, mehr zu bezahlen, so Baur. Denn 2010 stehe nicht weniger Geld als im vergangenen Jahr zur Verfügung. Warum es heuer zu solchen Engpässen komme, sei für die AOK nicht nachvollziehbar. Die Krankenkasse spielt den Ball zurück an die KZVB, die das vorhandene Geld besser verteilen solle.
Trotz der Verärgerung ob der zu erwartenden finanziellen Einbußen beruhigt Schöps die AOK-Versicherten: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Zahnarzt in Bayern die Betäubungsspritze vom Patienten bezahlen lässt." Für Ärzte gehöre es zum Berufsethos, kranken Menschen auch unter schwierigen Bedingungen zu helfen. "Wir schicken niemanden mit Zahnschmerzen nach Hause", so der Zahnarzt. Für die Zukunft erhofft er sich aber eine Reform des Honorarsystems, sodass alle Behandlungen übers Jahr auch gleich bezahlt werden können. Nur wie das geschehen soll, das sei auch für ihn die große Frage, gesteht Schöps. Auf dem Rücken von Patienten und Zahnärzten sollte der Verteilungsstreit aber nicht mehr ausgetragen werden, denkt der Marktoberdorfer Zahnarzt. (tjb)