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Wo schon der Fürstabt seine Fenster bestellte

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Wo schon der Fürstabt seine Fenster bestellte

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    Kempten (li). Die wohl älteste Glaserei in der Stiftsstadt Kempten ist in neuen Händen. Stefan Roßmann übernahm am 1. Januar die Glaserei Berger in der Fürstenstraße. Der Meisterbetrieb kann auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblicken, die ihre Anfänge im Fürststift Kempten hat. Zu den größten Kunden zählte damals Fürstabt Rupert von Bodman, in dessen Amtszeit Basilika, Residenz und Kornhaus entstanden. In jener Zeit war das Glasmachergewerbe schwerpunktmäßig im Kreuz- und Ulmerthal angesiedelt. Dort waren die Glashütten, die erstmals nach dem Dreißigjährigen Krieg erwähnt sind und große Mengen Flachglas lieferten. 'Das absolutistische Zeitalter verlangte nach französischem Vorbild einen fürstlichen Regierungssitz, zu dessen Glanz auch einheimisches Glas wesentlich beitrug', so Dr. Maximilian Walter in einem Beitrag über das Stift Kempten. Es ist zu vermuten, dass die Fürstäbte ihr Glas und ihre zahlreichen Spiegel in der Fürstenstraße bestellten. Doch unter den Handwerken der Stiftsstadt führten die Glaser ein Schattendasein. Im Stadtarchiv Kempten finden sich nur wenige Hinweise. Etwa die Bleiglaserordnung von 1727, die bestimmte dass 'die Zunftlade im Hause eines Meisters sei und nicht in ein Wirtshaus komme, damit keine Verpflichtung zu größeren Zechen und Unkosten daraus entspringe'. Die Glaser trafen sich deshalb einmal im Jahr, am so genannten Jahrtag, in der Herberge des Obermeisters. Erscheinen war Ehrensache.

    Zustand bis heute erhalten Nach der Säkularisation im Jahre 1802 zählte die Stiftsstadt 330 Gebäude. Die Häuser der Bürger waren meist aus Holz gebaut und in Herbergen eingeteilt, sodass oft mehrere Eigentümer unter einem Dach wohnten. Dieser Zustand ist in der Glaserei Berger bis heute erhalten geblieben. Während der Betrieb zur Fürstenstraße zählt, liegt der Eingang am Kapellenplatz und die Wohnung darüber hat die Sängerstraße als Adresse. Ende des 19. Jahrhunderts gehörte die Glaserei Jakob Berger. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm er seinen Sohn Stefan mit auf, der das Unternehmen bis in die 60er-Jahre führte. Auf Glasermeister Günter Claßen folgt nun Stefan Roßmann, der den Betrieb schon aus Jugendtagen kennt. 1975 begann der gebürtige Kemptener an der Fürstenstraße seine Ausbildung und freut sich nun, mit 44 Jahren auf eigenen Füßen zu stehen. An seiner Seite arbeiten Rita Claßen und Glasergeselle Erwin Beuter. 'Der Schwerpunkt liegt heute bei Reparaturen von Fenstern, Türverglasungen und Bilderrahmen', erklärt Roßmann. Er beherrsche aber auch Bleiverglasungen, den Einbau von Schaufenstern sowie die Montage von Rollläden und Markisen. In dem Familienbetrieb im Herzen der Stiftsstadt will Roßmann künftig auch ausbilden.

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