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Wo schejn die Klarinette krächzt

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Wo schejn die Klarinette krächzt

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    Im Uncle Satchmo\'s mischten die 'Klez-o-matics' klassischen Klezmer und 'Evita' Kaufbeuren Einen guten Namen muss man sich 'erspielen' ­ oder man holt ihn sich von der Konkurrenz und wandelt ihn ein bisschen ab. In diese Richtung gingen wohl die Gedanken von fünf Klezmer-begeisterten Schwaben, die sich vor fünf Jahren an der Uni Augsburg trafen und sich seither (ost-) jüdischer Musik widmen. Dem Namen der fast legendären avantgardistischen New Yorker Klezmerformation 'Klezmatics' fügten sie ein kurzes 'o' ein, und fertig war der neue Name, der ­ weil außergewöhnlich ­ gut im Gedächtnis bleibt: 'Klez-o-matics'.

    Wer aber nun glaubt, dass die 'Klez-o-matics' Coverversionen der Klezmatics bringen, wurde beim Auftritt im Uncle Satchmo´s eines Besseren belehrt: Ihre durchwegs abwechlungsreich arrangierten Lieder haben eigenständigen Charakter. Gitarrist und Sänger Stefan Kutter nahm das Publikum im nur zur Hälfte gefüllten Kellerclub mit auf eine musikalische Zeitreise durch jüdische Musik. Mittelalterliche Stücke fanden dort genauso ihren Platz wie Lieder aus der Diaspora und aus der Zeit des Holocausts. Geografisch führte die Reise von Osteuropa, über Israel bis ins 'Traumland, das kein Traum war', nach Amerika. Natürlich durften jiddische Volkslieder wie 'Di grine Kusine' ­ klassisch gesungen von Kutter ­ nicht fehlen. Und auch Stücke ('Uri Tsion') des, wohlgemerkt, selbst ernannt 'King of Klezmer' Giora Feidman fehlten nicht im Repertoire.

    Triller und Verschleifer

    Abgesehen von ein paar Unsicherheiten, gaben Florian Mayer (Klarinette), Elisabeth Gruber (Fidel), Tobias Hopf (Querflöte) und Katharina Mair (Kontrabass) die Songs intonationssicher und mit viel rhythmisch-dynamischer Variation zum Besten. Klarinettist Mayer beherrschte neben Jazz-Skalen auch die für die Musik der Ostjuden typischen Ornamente wie Triller und verschliffene Töne. Er ließ die Klarinette 'schejn krächzen', wie es im Jiddischen heißt. Und die Rhythmus-Gruppe servierte messerscharfe unisono-Parts als Grundlage für Mayers improvisierte Soli.

    So weit, so gut. Dass sich die Band für ein jazzendes 'Sunny side of the street' im Programm entschied, mag man sich eingehen lassen. Warum aber nach der ersten, wirklich klasse Zugabe 'Chossn Kale Massl-tov' (Viel Glück dem Bräutigam und der Braut) ein Ausflug ins webbernde 'Evita'-Musical unternommen werden musste, leuchtet allerdings weniger ein. Muss man unbedingt in ein jüdisches Programm etwas reinpacken, dass Volkes Stimme mitsummen kann? Das macht genauso viel Sinn wie Giora Feidmans Faux pas, als er dem Berliner Publikum eine 'verklezmerte' Version der deutschen Nationalhymne vor ein paar Jahren vorspielte. Abgesehen von diesem Ausrutscher aber war es ein durchaus ansprechender Abend.

    Apropos Namensgebung: Es wäre sicher auch reizvoll zu versuchen, ob man mit dem Namen 'Rolling-o-Stones' auch Leute anlocken kann. Thilo Jörgl

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