Speeddays Beschleunigungsorgien im Freien und aufgemotzte Autos in und vor der All-Kart-Halle Kaufbeuren">

Artikel: Wo die breiten Reifen um Gnade wimmern

29. September 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Speeddays Beschleunigungsorgien im Freien und aufgemotzte Autos in und vor der All-Kart-Halle Kaufbeuren

Kaufbeuren | ofr | Die Mischung machts: Drinnen in der Halle eine kleine, überschaubare Tuningmesse, draußen jede Menge Action. Dazu freier Eintritt und äußerst günstige Startgelder für alle, die beim Achtelmeilen-Rennen selbst mal Vollgas geben wollen. Gut 1500 Besucher der zweitägigen "All-Kart Speeddays" zeigen an diesem Wochenende, dass dieses Konzept auch im Allgäu ankommt. Viele Tuningfans ziehen Veranstaltungen dieses Kalibers schon lange den Top-Events der Szene vor. Ihr großes Plus: Weniger Kommerz, mehr Clubatmosphäre - da bleibt Zeit zum Fachsimpeln und zum Abtanzen bis in den frühen Morgen. Die All-Kart Speeddays, da sind sich die Veranstalter einig, soll auch im nächsten Jahr die Motorsportbegeisterten nach Kaufbeuren locken: "Das Konzept passt", betont der Organisator der schnellen Tage, Ralf Szidat. Die Karthalle selbst bleibt während der Speeddays für die kommenden Star-Friseure und Schönheits-Chirurgen der Automobilindustrie reserviert. Nachwuchs- und Profi-Tuner zeigen, was (immer noch) im Trend liegt: Spoiler ringsum, fette Reifen, Flügeltüren, mega-laute Musikanlagen und kleine TV-Bildschirme - auch an den absonderlichsten Stellen. Kunstfehler sind bei derart tiefen Eingriffen natürlich nicht ausgeschlossen, haben aber zum Glück nur optische Auswirkungen. Mancher Showcar erinnert im Innern an einen Weihnachtsmarkt, nur der Geruch nach Zimtplätzchen fehlt. Auffallend aber die durchwegs hohe Qualität der Umbauten und Lackierungen: Wenn der Allgäuer Tuner schon Hand an die edlen Karosse legt, dann aber richtig.

Für die Show draußen vor der Halle sind Autofans gefragt, die weniger zimperlich mit ihren Gefährten umgehen. Ihr Motto: Gaspedal aufs Bodenblech, Kupplung kommen lassen und die nächsten 201 Meter Asphalt so schnell wie möglich unterm Auto durchreißen. Ökologisch ist so ein Achtel-Meilen-Rennen zwar nicht ganz korrekt, aber ein Riesenspaß für die Zuschauer an der Strecke. Die werden bei jedem Burnout zum Aufwärmen der Reifen von einer dicken Gummi-Qualmwolke eingehüllt und wetten auf die schnellsten der rund 50 Starter im Feld. Die besten Autos der Kaufbeurer Speed-Tage erreichen Zeiten um acht bis zehn Sekunden.

Das ist für Vierräder zwar beachtlich, entlockt den Motorradfahrern unter den Gästen aber nur ein müdes Lächeln: Selbst mit einem Mittelklasse-Motorrad könnte man diese PS-Monster "spielend herbrennen", erklärt ein Biker.

Mit dem Driftmeister Jochen Reich mitzuhalten, ist dagegen ein Ding der Unmöglichkeit: Sein alter Fünfer-BMW hat mehr Fliegen auf den Seitenfenstern als auf der Frontscheibe und sein Fahrer liebt es ausgesprochen quer. Rechtsrum, linksrum, Pirouetten und brutale Stopps: Die breiten Reifen wimmern um Gnade, doch die orange lackierte Familienkutsche fliegt um den Kurs wie auf einer Eisfläche.

Ganz Mutige setzen sich für ein paar Runden zu Reich ins Cockpit - und steigen nach der Querbeschleunigungsorgie zwar lächelnd, aber auch ein bisschen blass um die Nase wieder aus. Doch auch für solche Fälle gibts bei den Speeddays die passende Notversorgung: Einfach das Auto von zwei Mädels im knappen Bikini waschen lassen - und schon kommt der Kreislauf wieder in Schwung.