Von Reinhold Löchle, Marktoberdorf - Wer in Marktoberdorf den Buchelweg zur Luitpold-Höhe ('Buchel') hinaufspaziert, kommt an einem stattlichen Haus mit einer hohen Steinmauer vorbei. In dieser fällt gleich ein Gittertor auf, hinter dem eine dunkelbraune Tür - unser gestriges Adventskalender-Türchen - zu sehen ist. Oft drücken Kinder ihren Kopf an das Gitter und rätseln, was wohl dahinter liegt. Denn gleich mehrere Schilder warnen davor, die Tür zu öffnen 'Gwiss woiß koiner was' - diesen Satz hört man von Luitpold Kessler öfter, wenn er von seinem alten Keller am Buchelweg spricht. Und weil keiner etwas Genaues weiß über die Vergangenheit dieses großen Raumes, hat der Marktoberdorfer schon Bücher gewälzt, um herauszufinden, wie alt denn nun der Keller ist, über dem damals, im Jahr 1934, sein Onkel für den Großvater ein Austragshaus bauen ließ. Doch seine Suche war umsonst. 'Gschriebn ist nix', so seine Erkenntnis. Heute wohnen Luitpold und Helga Kessler in dem Haus und sind damit Besitzer von zwei Kellern: einem Ober- und einem Unterkeller. Letzterer war einer der vier Bierkeller im alten Oberdorf. 'Angeblich gehörte er zur ,Klimm-Wirtschaft' (heute im Besitz der Familie Blochum)', erzählt Kessler 'und ist mindestens 150 Jahre alt - vielleicht auch 250 Jahre.' Dass dort einst tatsächlich Bier lagerte, dafür gibt es einen baulichen Hinweis. Der Raum besitzt eine Art Kamin, der heute in den 'Oberkeller' der Kesslers ragt, früher aber in einem Stadel endete.
An dessen Stelle steht heute das Kesslersche Haus. Durch den 'Kamin' wurde einst Eis in den Keller geworfen, damit das Bier kühl und haltbar blieb. Da Luitpold Kessler aber weder Brauer ist noch Gerstensaft in riesigen Mengen lagert, steht er vor der Frage, wie denn der Raum am besten zu nutzen wäre. 'Eine wunderbare Temperatur von acht Grad das ganze Jahr über' habe es dort, freut sich Kessler. Und trocknen ist der Keller inzwischen auch. Denn der Modehaus-Besitzer hat ihn aufwändig saniert, was leider auch einiges Geld kostete. Aber es war dringend nötig, weil die Gefahr eines Einsturzes bestand, was wiederum dem Kesslerschen Domizil mit Sicherheit mehr als nur Mauerrisse beschert hätte. Derzeit ist Kessler dabei, die alten Ziegel im 'Reichsformat' (Kessler: 'etwas größer als normale Ziegel') zu verfugen. Aber immer nur höchstens einen Nachmittag lang, 'dann fang' ich an zu schlottern'. Trotz der doch recht schattigen Temperatur könnte Kessler sich in dem Keller Weinproben ('ich sollte mal mit dem Hosp reden') vorstellen oder 'Feschtle familiärer Art'. Das Problem: Es fehlt ein Notausgang, auch gibt es keine Toiletten. So wird der Keller eben zunächst weiter als Abstellraum benutzt. Und noch viele Kinder werden durch das Gittertor hindurchgucken, sich dahinter ein dunkles Verlies vorstellen. Vielleicht glaubt ja mancher Bub oder manches Mädchen, was dann und wann Eltern erzählen, wenn sie vor dem Gitter stehen (und oben Helga Egen-Kessler mithört): 'Dahinter wohnt der Buchel-Geist '