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Artikel: Wo Azubis zu Chefs werden

6. September 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Projekt Seit fünf Jahren managen Lehrlinge vom Hotel "Sonnenalp" die Pizzeria "Inizio" in Eigenregie

Von Sandra Peter |Ofterschwang-Tiefenberg"Inizio", das ist italienisch und heißt Anfang. Doch wie Anfänger sehen die jungen Betreiber der Pizzeria in Tiefenberg nicht aus, obwohl sie wahrlich noch keine "alten Hasen" sind. Die vier Servicekräfte und zwei Köche sind Auszubildende des Hotels "Sonnenalp", die selbstständig ihr eigenes Restaurant managen.

An diesem Samstagabend ist wieder viel los, wie immer. "Ohne Reservierung geht nichts", sagt Servicekraft Silvia Herz. "Ich musste schon einige Gäste wieder wegschicken." Doch die hätten das locker genommen. "Dann kommen wir ein anderes Mal wieder, haben sie gemeint", erzählt Silvia Herz.

Das Konzept ist einmalig in Deutschland. Die Auszubildenden bekommen die Chance zu erfahren, was es heißt, Unternehmer zu sein. Sie machen alles in Eigenregie. Vor fünf Jahren hat das Hotel das Gebäude gekauft und sich zu dem Azubi-Projekt entschlossen. Bereits vorher befand sich in den Räumen ein Restaurant, das jedoch gründlich umgekrempelt wurde: weg vom Bayrischen, hin zum italienischen Flair.

Überraschungen im Arbeitsalltag

Heute arbeitet bereits das elfte Azubi-Team in der Pizzeria - wie auch alle Vorgänger für ein halbes Jahr. Für die Lehrlinge ist es manchmal, als würden sie ins sprichwörtliche kalte Wasser geworfen: "Klar haben wir hier mehr Druck, Stress und Ärger als im Hotel", sagt Joachim Schweier. Der Arbeitsalltag ist unvorhersehbar. Und hie und da geht mal etwas schief: Da wird die Bestellung beim Großhändler versehentlich zur "Sonnenalp" geliefert oder auch gar nicht, Tische werden doppelt vergeben, Reservierungen überschneiden sich, Gäste bleiben zu lange sitzen. Oder das Wetter schlägt um, die Gäste auf der Terrasse sitzen im Regen. "Da muss man improvisieren", sagt Silvia Herz, die auch mit dem Regenschirm in der Hand schon bedient hat.

Die Azubis bleiben locker. Sie haben ihren Laden im Griff. Im Umgang mit den Gästen braucht man Fingerspitzengefühl, sagt Joachim Schweier. Denn die Kundschaft sei bunt gemischt: Urlauber, Familien, Einheimische, die gerade gestresst von der Arbeit kommen. Kürzlich sei auch mal eine italienische Großfamilie mit drei herumwuselnden kleinen Kindern da gewesen, die das ganze Lokal belebt und mit unterhalten hätten, erinnert sich Alexander Fackler.

Einmal mussten die Azubis sogar Gäste vor die Tür setzen: "Die waren minderjährig, sind betrunken hier aufgetaucht und sogar am Tisch eingeschlafen", erzählt Franziska Breisinger. "Seitdem trinken sie hier aber nur noch Spezi", fügt sie lächelnd hinzu.

Zufriedene Gäste machen stolz

Arbeiten gehen muss Spaß machen, da sind sich die Servicekräfte einig. Sie sind stolz, wenn die Gäste zufrieden sind und es in der Kasse klingelt, stolz auf sich selbst und auf "ihr" Restaurant. Dafür nehmen sie Stress und manchmal Ärger in Kauf - und Zwölf-Stunden-Tage auch.