Von Jürgen Lutz |KemptenÖsterreich, das Land der Berge und Gipfel. Dumm nur, dass dazu auch die Täler gehören. Und in selbigen befindet sich der Fußball im Land der südlichen Nachbarn halt schon seit 30 Jahren. Nein - wir müssen uns nicht erinnern, an den 21. Juni 1978 in Argentinien im Ort Cordoba - so wir Deutsche sind; das tun unsere Nachbarn aus dem Süden mit fast schon unerbittlicher Zähigkeit und nachtragend seit dem Tag bei der WM, als ein 2:3 gegen Österreich das Aus für die deutsche Mannschaft von Trainer Jupp Derwall bedeutete.
Die Täler Österreichs haben nach dem 0:1 des Teams Austria bei der Europameisterschaft gegen Deutschland am Montag abend in Wien nichts von ihrer Schönheit eingebüßt; sind aber noch genauso tief unten wie vorher auch. Die Fans aus Österreich werden sich an den Mythos 'Wunder von Cordoba' weiter klammern müssen, wenn sie über Fußball sinnieren, der sie einst glücklich machte.
'Wir sind auf einem guten Weg'
'Das wird schon', sagt Robert Horvath (50), der ein Restaurant in der Kemptener Innenstadt führt. Er wurde im Burgenland geboren - dort sind die Täler ja auch nicht ganz so ausgeprägt, wie im Rest der Republik. 'Das Spiel war ziemlich ausgeglichen. Nur im Abschluss war Deutschland besser.
' Er glaubt, dass das Team von Coach Peppi Hickersberger auf einem guten Weg ist; dass es gar ganz schnell wieder 'den Gipfel erklimmen und bei der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika dabei sein wird.' Die Jungen wie Jimmy Hoffer oder Martin Harnik haben ihn bei der EM erfreut. Und mit ihnen wird es aufwärts gehen; was ja auch nicht so schwer sein soll, steht man unten im Tal.
Lässt sich Horvath provozieren? 'Nein', sagt er. 'Wir Österreicher sind doch gute Verlierer und typisch für uns: Wir nehmen nicht immer alles ganz ernst und können uns auch mal selber auf den Arm nehmen.' Das klingt nach anhaltend guter Nachbarschaft
Und da ist noch Sohn David (15), der zum Spiel in der Kemptener Big Box beim Public Viewing war; mit allen deutschen Fan-Utensilien, die es nur gibt. Ist in der Erziehung was schief gelaufen? 'Ach woher', sagt Horvath. 'Er ist hier geboren und seine Freunde sind alle Deutsche.'
Die eigenen Freunde hat Horvath am Montag nicht gesehen. 'Keiner ist gekommen. Ich habe es alleine angeschaut.' Was Mutmaßungen zulässt. Waren seine Freunde am Ende nicht sicher, ob Deutschland ins Viertelfinale einzieht und haben sich damit den Schmäh erspart, der im Falle einer Niederlage auf sie eingeprasselt wäre; oder war es pure Rücksichtnahme auf individuelle Gefühlslagen im Fall des Scheiterns von Team Austria? Robert Horvath weiß es nicht.
Österreichische Fans hatten in den letzten Jahren wenig zu Lachen; insofern brauchen sie jetzt auch nicht viel Trost. Horvath macht da keine Ausnahme und geht den Weg der Offensive: 'Jetzt drücke ich den Deutschen im Viertelfinale gegen Portugal die Daumen. Logisch.' Dann tut er sich mit Sohn David zusammen, auch wenn er wohl nicht mit in die Big Box gehen wird. Und die Schmach von Cordoba ist nun vergessen? Horvath: 'Ich glaube niemals!' Auch irgendwie logisch.