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Artikel: "Wir brauchen jetzt jemand Jüngeres"

2. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
olaf schulze

CSU Stimmen von der Partei-Basis zum Rücktritt von Ministerpräsident Beckstein

Von Volker Geyer |MemmingenRecht unterschiedlich waren gestern die ersten Reaktionen hiesiger CSU-Vertreter auf den Rücktritt von Ministerpräsident Günther Beckstein: "Ich bin nicht überrascht", sagte etwa Stadtrat Hans Ferk. Dagegen waren die ersten Worte von Stadträtin Margareta Böckh, als sie von Becksteins Entscheidung erfuhr: "Ich bin geplättet." Einig waren sich aber alle von derMZbefragten Christsozialen darin, dass ihre Partei einen Neuanfang brauche.

"Das war keine Wende nach Stoiber", betonte Gerhard Neukamm. Auch der CSU-Wahlkampf-Slogan "Näher am Menschen" sei von den Parlamentariern in München nicht umgesetzt worden. Bestes Beispiel dafür ist in den Augen des Stadtrats das Nichtraucherschutzgesetz. "So eine Bevormundung entspricht nicht der bayerischen Mentalität", sagte der Nichtraucher. Entsprechend sei die Quittung der Wähler ausgefallen. Gleichzeitig bemängelte Neukamm, dass eine gewisse Überheblichkeit bei den Partei-Oberen zu spüren gewesen sei. "Auch die CSU-Basis hat man gerne überhört." Und was Beckstein anbelangt, sei dieser für ihn ein Mann der zweiten Reihe: "Er war ein guter Innenminister, aber nicht der Reißer, der die Menschen begeistern kann." Der als möglicher Nachfolger gehandelte Horst Seehofer sei dazu zwar in der Lage.

Aber mit seinen 59 Jahren ist Seehofer nach Neukamms Ansicht zu alt für den Job des Ministerpräsidenten. "Wir brauchen jetzt jemand Jüngeres. Ich denke da etwa an Kultusminister Siegfried Schneider oder Justizministerin Beate Merk."

Indes kann sich der ehemalige CSU-Stadtrat Erich Feiner eine Doppelspitze mit Thomas Goppel als Ministerpräsident und Seehofer als Parteichef "als Übergangslösung" gut vorstellen. Denn die beiden könnten miteinander ganz gut. Gleichzeitig attestiert er Beckstein "absolute Integrität und Ehrlichkeit". Dessen Problem als Ministerpräsident sei gewesen, dass er die noch zu Stoibers Zeiten begangenen Fehler - als Beispiel nennt er den Transrapid - "ausbaden musste". Ferner begrüßt Feiner, dass die CSU jetzt eine Koalition eingehen muss. "Denn die Politik war eingleisig und somit zu eintönig."

In den Augen von Margareta Böckh war die Zeit nach Stoiber zu kurz, um im Verhältnis zwischen der Parteiführung und den Kreisverbänden etwas entscheidendes zu ändern: "Wir spürten einen Mangel an Rückhalt." Dies würde nach ihren Worten mit einem Ministerpräsidenten Seehofer anders aussehen. "Er hat das Ohr mehr an der Basis."

Auch für Hans Ferk wäre es eine gute Lösung, wenn Seehofer sowohl den Parteivorsitz als auch das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen würde. Er sei ein Mann mit Charisma, "der die Partei für einen Neuanfang geschlossen hinter sich bringen kann."