Bauern beklagen massive Schäden durch Schwarzkittel Jäger suchen Schulterschluss Von Markus Raffler Oberallgäu/Kempten/Marktoberdorf Für den berühmten Comic-Helden Obelix können gar nicht genug Schwarzkittel durch die Wälder Galliens streifen. Für Bauern und Forstwirte im Allgäu sind die scheuen Borstentiere dagegen eine Plage, die in den vergangenen zwölf Monaten vielerorts massive Ausmaße angenommen hat. Um die Zahl der Wildschweine im Ober- und Ostallgäu wirkungsvoll eindämmen zu können, haben sich Betroffene nun zu einem Schulterschluss über die Landkreisgrenze hinweg formiert. Ziel ist es, die Zahl der Wildschweine durch intensive Bejagung möglichst rasch einzudämmen. Milde Winter, reiches Nahrungsangebot und keine natürlichen Feinde das sind für Manfred Werne vom Kreisjagdverband Kempten die Hauptgründe, warum das Schwarzwild seit den vergangenen zwei bis drei Jahren im Ober- und Ostallgäu enorm auf dem Vormarsch ist. Vor zehn Jahren war eine Wildsau südlich von Memmingen eine Seltenheit. Inzwischen gibt es bei uns fast keine Gemeinde mehr, wo die Tiere keine Schäden anrichten, bestätigt Dr. Leopold Herz, Obmann des Oberallgäuer Bauernverbandes. Zu den Lieblingsplätzen des Schwarzwildes gehört mittlerweile der Kempter Wald und zwar auf Ober- wie Ostallgäuer Flur. Allein dort haben sich rund 50 Tiere angesiedelt, erläutert Werne. Und die vermehren sich rasend weiter. Die Schäden, die das Borstenvieh auf seiner nächtlichen Nahrungssuche anrichtet, sind auch im Grünland enorm. Auf der Jagd nach Würmern, Engerlingen oder Mäusen reißen die Allesfresser die Grasnarbe in einer Nacht im Umkreis von über einem Hektar auf und zwar bis zu 20 Zentimeter tief. Weil die Schwarzkittel pro Nacht bis zu 30 Kilometer zurück legten, ist es später enorm schwierig, später den Standort einer Rotte zu entdecken.
Weiteres Problem: Die Tiere verdrängen laut Peter Fink (Schwarzwild-Experte des BBV-Oberallgäu) das Rehwild und erhöhen so die Verbissschäden in den Wäldern. Das ist erst der Anfang. Wir müssen jetzt alles tun, um das Schwarzwild zu reduzieren, sonst können wir das nicht mehr steuern, fordert auch der Landwirt aus Wildpoldsried ein konsequentes Vorgehen der Jäger. Erstes Ziel der neuen Arbeitsgemeinschaft der Kreisjagdverbände Kempten und Marktoberdorf (zu ihr gehören auch Bauernverbände, Forstämter und Jagdbehörden), ist das Sammeln von Daten. Denn nur, wenn wir wissen, wo sich die Rotten konzentrieren, können wir etwas erreichen, so Werne. Dabei sei einzig die revier- sowie landkreisübergreifende Bejagung sinnvoll: Mit Einzelaktionen ist wegen der großen Mobilität der Tiere nichts zu wollen. Sobald Schnee liegt, werden wir spezielle Nachtschichten einlegen, kündigt der Jagdverbandschef an. Die weiße Pracht zeige die Fährten der Schwarzkittel auf und erlaube so gezielte Drückjagden. Dabei glaubt Werne freilich nicht, dass das Problem binnen eines Jahres in den Griff zu kriegen ist. Derweil würden einzelne verärgerte Landwirte angesichts der Schäden am liebsten selbst zur Flinte greifen, verrät BBV-Kreisobmann Herz. Den Vorwurf mancher Bauern, dass die Jäger das Schwarzwild-Problem lange Zeit nicht ernst genug genommen hätten, weist Jagdpächter Christian Oberhaus aus Wiggensbach von sich: Es ist einfach äußerst schwierig, die Schwarzkittel vor die Flinte zu bekommen. Denn im Vergleich zu Füchsen oder Rehwild seien Wildschweine äußerst hellhörig und sensibel. Außerdem halten sich die Tiere oft in schwer zugänglichen Gebieten auf, wie etwa im Kempter Wald. Als Trost bleibt den Bauern, ihre Schäden bei der Gemeinde zu melden und so einen finanziellen Ausgleich von den Jagdpächtern zu erhalten. Das wird jetzt verstärkt auf uns zukommen, schätzt Oberhaus. Wobei die Schäden im Vergleich zu den besonders gebeutelten Regionen Bayerns noch harmlos seien: In Franken gibt es Reviere, wo der Jagdpächter pro Jahr nur für Wildschäden 7500 bis 10000 Euro bezahlen muss.