Marktoberdorf/Ostallgäul chs/vit l Am gefährlichsten ist es im Mai, im September und Oktober. Besonders morgens zwischen 5 und 6 Uhr oder am Abend vor 23 Uhr. Dann geraten Autofahrer am ehesten mit einem Reh aneinander. Im ganzen Ostallgäu passierte dies im vergangenen Jahr 804 Mal - zumindest was der Polizei bekannt wurde. Das ist viel zu viel. Denn die sehr hohe Zahl von Wildunfällen im Ostallgäu trägt maßgeblich dazu bei, dass Autofahrer mit OAL-Kennzeichen deutlich höhere Versicherungsbeiträge zahlen müssen. Immerhin ist an jeder fünften Karambolage ein Tier beteiligt.
2007 passierten im Ostallgäu 20 Prozent mehr Unfälle als ein Jahr zuvor. Im ersten Halbjahr 2007 waren es im Bereich der Polizeiinspektion Marktoberdorf 104 Unfälle, im zeiten Halbjahr 158. Und heuer krachte es von Januar bis Juli schon wieder 107 Mal zwischen Tier und Auto. Besondere Gefahrenstellen im mittleren Landkreis sind an der B472 zwischen Selbensberg und Korbsee: Von den Doppeljahren 2002/03 auf 2004/05 stiegen die Zahlen dort von 29 auf 31. Zweiter Schwerpunkt ist auf der Staatsstraße 2008 zwischen Lengenwang und Marktoberdorf. Hier erhöhte sich die Unfallzahl im gleichen Zeitraum von 24 auf 36.
Die Entwicklung sei schwer zu erklären, berichtet Klaus Wobst, Verkehrssachbearbeiter der Marktoberdorfer Polizei. Denn 2002 registrierten die Beamten "nur" rund 600 Wildunfälle. Die Unfallkommission befasst sich jedoch verstärkt damit, immer wieder verbesserte Gegenmaßnahmen auszuarbeiten.
Um die Unfallgefahr für Mensch und Tier zu mindern, wurde deshalb schon an vielem getüftelt. Einige Jäger haben in der Vergangenheit mit CD-Rohlingen experimentiert, die sie in die Bäume am Straßenrand gehängt haben: Sie blitzen im Scheinwerferlicht auf und schrecken so das Wild ab. Allerdings blendeten sie auch Auto- und Motorradfahrer.
Stattdessen werden nun blaue Reflektoren getestet, die an den Straßenleitpfosten angebracht werden. Durch den Strahl der Scheinwerfer erzeugen sie von Pfosten zu Pfosten eine blaue Lichtschranke. Sie soll die Tiere am Wechsel hindern. Da die Reflektoren nur aufblitzen, wenn sie von einem Auto angestrahlt werden, wird die Gefahr einer Gewöhnung der Tiere als relativ gering eingeschätzt. Klaus Wobst ist jedoch skeptisch: "Die Wirkung ist noch nicht wissenschaftlich gesichert", so der Experte.

Über 40.000 Euro Schaden
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Er verweist eher auf die Erfolge im Landkreis Kronach. Dort ist - über eine Länge von insgesamt 35 Kilometern - ein "Duftzaun" im Einsatz.
Dieser unsichtbare Zaun bildet sich aus an Bäumen angebrachten Schaumstoffbällchen, die eine synthetisch hergestellte menschliche Witterung verströmen und so das Tier von der Straße fernhalten sollen.
Wichtig, um Unfälle zu vermeiden, sei natürlich vor allem die Vorsicht der Autofahrer. Springt trotz aller Vorsicht ein Reh vors Auto, heiße es auf keinen Fall ausweichen, sondern abbremsen. Denn die Gefahr, in den Gegenverkehr zu geraten oder im Graben zu landen, sei zu groß. Zudem könne es sein, dass die Versicherung nicht zahlt, wenn der Autofahrer nicht nachweisen kann, dass er einem Reh ausweichen wollte.