Von Jonas erfährt man, dass er auf die Musik der Kings Of Leon steht, auf Andy Warhol und "alles, was so von 14 bis 17 Uhr auf RTL und ProSieben läuft". Cheyenne verrät ihr Lieblingszitat: "Die Intelligenz verfolgt mich, aber ich bin schneller". Miroslav findet The Doors und Konfuzius gut. Er hat 48 Freunde. Das ist verdammt wenig im Vergleich zu Adrian. Der hat über 240. Vielleicht liegt es ja daran, dass er auf seinem Profilbild mit cooler Sonnenbrille und verschränkten Armen lässig in die Kamera lächelt. Die vier Gymnasiasten haben auch keine Scheu, ihren richtigem Namen preiszugeben.
Wie 500 Millionen andere Menschen aus aller Welt sind die angehenden Abiturienten Jonas Forstmeier (18), Cheyenne Fangmann (19), Miroslav Baumeister (18) und Adrian Sieber (18) beim sozialen Netzwerk Facebook im Internet registriert. "Weil man ja sonst nix mehr mitkriegt", begründet Cheyenne, die erst vor zwei Monaten ihr Profil angelegt hat.
Facebook spielt eine nicht unwesentliche Rolle im Leben der vier Jugendlichen. Registriert ist dort eigentlich ihr ganzer Bekanntenkreis. Wer geht auf dieses und jenes Konzert? Fällt Englisch morgen aus? Wer geht alles auf die Geburtstagsparty? Solche Fragen werden schnell mit kurzen Einträgen geklärt. Das sei praktisch, sind sich die Vier einig, denn man erhält gebündelt und bequem auf Knopfdruck Informationen - rund um die Uhr verfügbar. "Früher musste man jedem eine E-Mail schreiben. Heute geht das in wenigen Sekunden", freut sich Adrian.
Soziale Netzwerke wie Facebook oder SchülerVZ sind aber nicht nur Umschlagplätze für Nachrichten und Informationen, sondern auch virtuelle Schaufenster, in die die Benutzer Teile ihres Lebens und Ansichten ihrer Persönlichkeit stellen können: auf Partyfotos in Gesellschaft bierseliger Nachtschwärmer oder durch nichtssagende Statusmeldungen wie "Ich mache mir jetzt einen Kaffee" oder "Regen ist doof", mit denen viele Nutzer die virtuelle Gemeinschaft beglücken. Das ist nicht jedermanns Sache.
Cheyenne gibt außer ihrem Namen keine persönlichen Infos preis. "Ich benutze Facebook nur zum Nachrichten verschicken und Chatten", sagt die 19-Jährige. Und auch Miroslav bekennt, dass er die Seite meist nur im Hintergrund geöffnet hat. "Wirklich brauchen tu ich es nicht. Zum größten Teil ist es nur Zeitvertreib - und die vielen sinnlosen Statusmeldungen nerven einfach.
" Für ihn wäre es kein Problem, wenn Facebook von heute auf morgen vom Netz ginge. "Ich könnte auch gut ohne leben", sagt er.
Profil ausmisten
Adrian sieht die Sache etwas gelassener. "Ein paar blöde Fotos gibt es doch immer", meint er. Wenn ihm ein Bild nicht passe, auf dem er zu sehen ist, dann lasse er die Verlinkung eben löschen. Im Moment mache man sich da eh noch keine großen Gedanken. Aber wenn es zum Beispiel ans Bewerben gehe, dann wolle er sein Profil schon "ausmisten". Denn nicht wenige Firmen durchforsten mittlerweile soziale Netzwerke nach Bewerbern und durchleuchten deren Profile.
Der Begriff "Freunde" gewinnt in sozialen Netzwerken eine neue Bedeutung. Eine Freundschaftsanfrage, ein Mausklick - und schon ist man "befreundet". Aber ist man das wirklich? "Ich kenn die meisten schon persönlich", sagt Jonas. Er nehme keine Freundschaftsanfragen an von Leuten, mit denen er nichts zu tun habe. Und der 18-Jährige widerspricht Kritikern, die behaupten, soziale Netzwerke führten zum Vernachlässigen realer Freundschaften. Vielmehr sei es so, dass der Kontakt zu seinen Freunden durch Facebook intensiver geworden sei. Weil man eben nicht warten müsse, bis man sich wieder trifft, sondern jederzeit Kontakt mit ihnen aufnehmen könne.
Das findet auch Adrian: "Soziale Netzwerke sind förderlich für echte Freundschaften. Lange Planungszeiten fallen weg." Und wer deshalb alleine vor seinem Rechner verkümmere, der würde vermutlich auch ohne vereinsamen.