Artikel: Wie konnte er Dianas Vertrauen so missbrauchen?

20. Dezember 2002 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Lore Landes aus Kempten: Ehemalige Kammerzofe am englischen Hof empört über das Verhalten des Butlers

Von Franz Summerer, Kempten/London Der Butler Prinzessin Dianas wegen Diebstahls vor Gericht, Sex-Orgien der Dienerschaft im Palast und die Queen, die alles zu vertuschen sucht: Die englische Monarchie wird jede Woche von neuen Enthüllungen gebeutelt. Empört verfolgt Lore Landes die Skandale rund um die britische Königsfamilie. Die heute 70-jährige Kemptenerin war selbst Kammerzofe am Hof. 'Wie konnte er das Vertrauen Prinzessin Dianas nur so missbrauchen', schüttelt Lore Landes fassungslos den Kopf über Paul Burrell. Der ehemalige Butler Dianas soll nach dem Tod der Prinzessin 1997 über 300 Andenken aus dem Besitz der könglichen Familie im Wert von acht Millionen Euro gestohlen haben. Dass Burrell leichtes Spiel hatte, weiß Lore Landes aus eigener Erfahrung. Von den über 20 Jahren, in denen sie in London lebte, war sie zehn Jahre am Hof: Zunächst in den 60er Jahren als Kammerzofe bei Prinzessin Marina von Kent, deren Mann ein Onkel von Queen Elisabeth war. Später - Anfang der 80er-Jahre - dann bei ihrer Schwiegertochter Christina von Kent. Damals zog gerade Prinzessin Diana in den Kensington-Palast ein. Dort, wo auch Lore Landes arbeitete. Nach dem Tod der verwitweten Marina von Kent wohnte Lore Landes einige Zeit fast allein in einem Trakt des Kensington-Palastes. Im Keller lagen jede Menge Geschenke, die die Prinzessin von ihren Reisen mitgebracht hatte: Edelsteine, Pelze, Teppiche und andere Wertgegenstände. 'Die Dienerschaft war der wachhabenden Polizei vor dem Palast bekannt und wurde nie kontrolliert', so Landes. Deshalb wäre es 'ein Leichtes' gewesen, alles Mögliche aus dem Haus zu schaffen. 'Da braucht man einen starken Charakter, um nicht schwach zu werden', sagt die frühere Kammerzofe. Vor allem, wenn man bedenke, dass die Arbeit bei den Royals alles andere als fürstlich entlohnt werde. Zwar seien Kost und Logis frei, aber als Verkäuferin bei Harrods in London habe sie mehr verdient, erzählt die Kemptenerin. Auf den Gedanken sich etwas unrechtmäßig anzueignen, wäre sie dennoch nie gekommen. In ihrem Haus in Kempten blättert Lore Landes in alten Erinnerungsfotos und Zeitungsausschnitten über die damalige Zeit: 'Da war jeder Tag ein Erlebnis.' Prinzen und Prinzessinen, Lords und Ladys und manchmal auch die Queen ('Wenn die kam, mussten wir uns allerdings unsichtbar machen'). Noch heute spricht sie voller Hochachtung über 'ihre' Prinzessin Marina von Kent und die majestätische Würde, mit der die 'Royal Highness' im Abendkleid die Treppe herunterschritt - jeden Tag. 'Dinner is served', das Abendessen ist angerichtet, hatte der Butler zuvor gerufen und stand dann am Fuß der Treppe, um die Prinzessin zu empfangen.

Nur zwölf Bedienstete Der Haushalt von Prinzessin Marina sei eher 'klein' gewesen, erinnert sich die Kemptenerin: ein Butler, der für das ganze Hauswesen verantwortlich war, zwei Diener, die ihm zuarbeiteten, eine Kammerzofe, vier Hausmädchen, ein Gärtner, ein Chauffeur, ein Koch und eine Köchin. Gerade mal zwölf Personen. Da war der Haushalt nebenan im Kensington-Palast von Prinzessin Margaret, Schwester der Queen, mit ihrem Mann Lord Snowdon und den Kindern schon um einiges größer. Gar nicht zu reden vom Buckingham-Palast: Auf rund 300 schätzt die Kemptenerin damals die Zahl der Beschäftigten. Bei dieser Menge an Personal, Hunderten von Zimmern und Korridoren sowie den vielen Ausgängen sei es 'unmöglich alles zu bewachen'. Außerdem residieren die Royals wochenlang gar nicht im Buckingham- oder Kensington-Palast, sondern sind auf einem ihrer anderen Schlösser. Da brauche man sich nicht zu wundern, wie es zu den Extravaganzen der Dienerschaft kommen konnte. Der ehemalige Butler von Prinzessin Diana, Paul Burrell, war angeklagt über 300 Andenken der königlichen Familie gestohlen zu haben. Nach einer Intervention der Queen platzte der Prozess - Burrell wurde freigesprochen. Dagegen findet die Kemptenerin Lore Landes: 'Der Mann gehört doch bestraft.' Foto: dpa