Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Wie Kempten evangelisch wurde

Allgäu

Wie Kempten evangelisch wurde

    • |
    • |

    Kempten (li). - Katholisch oder evangelisch - das sei heute zum Glück kein Grund mehr für feindliche Auseinandersetzungen. Dass dies freilich im 16. und 17. Jahrhundert anders war, erläuterte Stadtarchivar Dr. Franz-Rasso Böck bei der Ausstellungseröffnung 'Wie Kempten evangelisch wurde'. Auf zwei wichtige Ereignisse auf dem Weg zum friedlichen Miteinander der großen christlichen Konfessionen könne Kempten heuer blicken: Vor 475 Jahren, 1530, wurde die Confessio Augustana, das Augsburger Bekenntnis verfasst. Vor 450 Jahren wurde der Augsburger Religionsfriede geschlossen. In dieser Zeit versuchte die Stadt, ihre noch junge Unabhängigkeit vom Stift zu festigen, auszubauen und eigene politische und kirchenpolitische Wege zu gehen. Seit 1289 war Kempten durch einen Freibrief König Rudolfs I. von Habsburg zwar reichsfrei, doch der Fürstabt hatte bis 1525, bis zum 'Großen Kauf', das Sagen. Die reformatorische Predigt fand wohl schon 1518 Eingang in die Stadt, wo seit 1507 Magister Sixtus Rummel Pfarrer an der St. Mang-Kirche war. Im Nachlass des auf Ausgleich bedachten Geistlichen finden sich zahlreiche Schriften Luthers.

    Nach Einführung der Reformation 1527 unterzeichnete die Reichsstadt Kempten 1529 die Protestatio von Speyer und 1530 die Confessio Augustana, womit der Weg zu einer Reformation lutherischer Prägung beschritten schien. Als 1529 Rummel starb, gewann Haystung rasch die Oberhand und beeinflusste die Entscheidungen des Rates.1532 ließ Haystung beispielsweise darüber abstimmen, alle Heiligenbilder und Altartafeln aus der St. Mang-Kirche zu entfernen. So kam es 1533 zum 'Bildersturm'. Den slowenischen Reformator Primus Truber (1508-1586) hatte der Rat zur grundlegenden Neuordnung des Kirchenwesens 1553 nach Kempten berufen. Doch war das konfessionelle Klima in der Reichsstadt nach dem Augsburger Religionsfrieden offener. 1561 übernahm Truber das Amt eines Kirchenvorstehers und Superintendenten in Laibach. Seine ausgleichende Haltung ebnete der evangelischen Kirche Kemptens den Weg zu einem Luthertum auf der Grundlage der Confessio Augustana. Diese Entwicklung erreichte ihren Abschluss am 5. August 1577. 1579 ertönte in der St. Mang-Kirche wieder Orgelmusik, 1605 wurde auch die Privatbeichte wieder eingeführt. Trotz schwerer Zeiten beging die Reichsstadt ein Jubelfest zum 100jährigen Bestehen der Confessio Augustana. Die Freude währte nicht lange, denn 1632 und 1633 zerstörten sich Stadt und Stift Kempten gegenseitig. Nach den innerprotestantischen Auseinandersetzungen der Reformationszeit und einer Übergangsphase, für die Truber stehe, setzte sich laut Böck in der evangelischen Kirche spätestens mit dem Wirken Zeämanns (1616-1629) die lutherische Orthodoxie durch.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden