Mit nacktem Oberkörper jagt der dunkelhaarige, kräftige Mann über eine Ostallgäuer Landstraße. Tempo: 60 Stundenkilometer aufwärts. Doch es ist weniger die Tatsache, dass der junge Herr außer einer kurzen, dunkelgrauen Hose keine weiteren Klamotten am Leib trägt, was den Videoclip im Internet so kurios macht, als vielmehr das Gefährt, auf dem er so laut grölend sitzt: eine Bierkiste. Mit kleinen Rädern und Lenker. "Als wir den Film zum ersten Mal sahen, haben wir sofort gesagt: Das machen wir auch", erzählen Engelbert Götz (37) und Stefan Götzfried (34).
Rekordmeister
Mittlerweile sind zweieinhalb Jahre vergangen, und die beiden Kleinkitzighofer sind Rekordmeister (wenn man es so nennen will), in einer Sportart, als deren Vorreiter der halbnackte Unbekannte im Internetvideo gilt. Nach einem Sieg beim ersten Bierkistenrennen der Aktienbrauerei Kaufbeuren 2008 dominierten Team Teerschneider I (Götzfried) und Team Teerschneider II (Götz) auch in diesem Jahr die schraubende Konkurrenz.
Der etwas seltsam klingende Name rührt daher, da im Inneren der Bierkiste ein Motor einer Flex sitzt, die üblicherweise zum Asphaltschneiden benutzt wird: Ein Teerschneider eben, "billig im Internet ersteigert", wie die beiden zu verstehen geben, und von sechs auf zehn Pferdestärken (PS) aufgemotzt. "Im Prinzip kann man jeden Motor nehmen, der in eine Bierkiste passt - von einer Kettensäge oder einem Motorrad", erläutert Götzfried.
Dass Letzteres in der Regel mehr PS hat als ein Gerät zur Gartenarbeit, sei dabei nicht so wichtig. "Dafür hat man dann weniger Platz für ein gutes Fahrwerk. Die Abstimmung ist ausschlaggebend", betont Götz. Bei den Teerschneidern scheint sie zu stimmen. 150 Arbeitsstunden steckten der Kfz-Sachverständige Götz und der Industriemeister Götzfried in den Prototypen. Während die ambitionierte Konkurrenz bei der Planung gerne auch mal auf ausgereifte Computerprogramme zurückgreift, entstand das Konzept der Teerschneider dabei allein im Kopf und auf ein paar losen Blättern Papier.
"Ein Tüftler-Gen braucht man dafür auf alle Fälle" meint Götz. Am Ende stand das ausgefeilte und rund 30 Kilogramm schwere Gesamtkonzept: ein grüner Bierkasten mit besagtem Motor, einem Benzintank (platzsparend eingebracht in den Metallrahmen der Konstruktion), Lenker und vier Hubwagenrollen. Von null auf rund 60 Stundenkilometer in knapp drei Sekunden.
Dass ihnen ihr Beruf bei ihrem ausgefallenem Hobby von Vorteil ist, verhehlen die beiden Tüftler dabei keineswegs. Andernfalls wäre der Leistungsunterschied unter den rund 30 Teams - zum Teil bis aus Österreich oder der Schweiz angereist - , die Ende September beim letzten Rennen der Kaufbeurer Brauerei teilnahmen, auch nicht so groß.
"Drei oder vier Teams kann man von Beginn an schon abschreiben, weil die Technik nicht funktioniert", verrät Götz. Wobei diese allein für einen Sieg nicht ausschlaggebend sei, betont der 37-Jährige weiter: "Es ist die Mischung aus einer ausgereiften Bierkistenkonstruktion, einem engagierten Team und einem guten Fahrer - wie in der Formel 1."
Momentan ist Rennpause
Derzeit ist es in der Garage von Engelbert Götz jedoch ruhig. Es ist Rennpause. "Ein paar Wochen vor dem Rennen im kommenden Jahr fangen wir dann wieder an, zu tüfteln." Und zwar gemeinsam, wie beide betonen - auch wenn sie selbst ihre härtesten Konkurrenten sind.