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Artikel: "Wie eine große Familie"

30. August 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
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Serie (8) Den Bewohnern des Seniorenheims in Neugablonz wird viel geboten - Nostalgische Einrichtung soll Erinnerungen wecken

von Silke Maul |KaufbeurenUnermüdlich zwitschern zwei Wellensittiche im hellen Wintergarten des Seniorenheims Reinhard-Schmidt-Haus in Neugablonz. Viel Beachtung finden sie aber nicht im Moment, denn an diesem schönen Nachmittag um 15 Uhr sitzen die meisten Bewohner des Erdgeschosses auf der Terasse mit Blick auf den wunderschön angelegten Garten, um Kaffee und Kuchen zu genießen. 41 Männer und Frauen sind es derzeit, um die sich Altenpflegerin Hildegard Unglert und ihre Kolleginnen kümmern. Neben den privaten Zimmern der Bewohner befinden sich auf der Station der Demenzkranken ein großer Speisesaal, ein Aufenthaltsraum und kleinere gemütliche Wohnstuben. Alles ist freundlich und auch etwas nostalgisch eingerichtet. Was aber gewollt ist, wie Hildegard Unglert erklärt: "Wir wollen dadurch bei den Menschen die Erinnerung an früher wecken. Die Bilder hängen bewusst weiter unten an der Wand, um sie den Rollstuhlfahrern besser zugänglich zu machen." Neben den antiquiert wirkenden Möbeln gibt es in der "guten Stube" zudem Puppen oder auch Schmucksteine aus der Neugablonzer Industrie. "Viele haben früher genäht oder Schmuck gefertigt. Dann erkennen sie die Dinge wieder und fangen manchmal an, zu erzählen."

Um den Bewohnern etwas zu bieten, lassen sich Hildegard Unglert und ihr Team immer wieder etwas einfallen. Da werden Blumen gepflanzt, um die die Bewohner sich kümmern müssen, es wird gesungen und ab und zu auch heiß diskutiert.

In einem Pavillon sitzen die beiden Freundinnen Emma Plha und Gertraud Fischer, vor ihnen liegt ein großes Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Spielbrett. "Seit vier Jahren spielen wir jeden Tag zusammen, und auch wenn Gertraud mich fast immer besiegt - ich bin eine gute Verliererin", schmunzelt die 71-jährige Plha. Überhaupt hätten sie eine sehr schöne Zeit. Und wenn das Wetter mal nicht mitspielt oder die Frohnatur keine Lust auf Gesellschaft hat, schaut sie einfach ein bisschen Fern in ihrem Zimmer. Morgens dagegen hat die Seniorin eine bedeutende Aufgabe übernommen: Sie hilft einer blinden Frau mit dem Frühstück.

"Das ist mir sehr wichtig und ich mache das wirklich gern."

Die Bewohner und die Pflegerkräfte seien eine Art große Familie, meint Hildegard Unglert. "Man verbringt sehr viel Zeit miteinander, natürlich wächst man da eng zusammen." Trotzdem sei es nicht immer leicht.

"Jeder Tag ist anders, aber wir unterstützen alle Bewohner und fördern sie, so gut es geht." Über den Garten sind die Schwestern besonders froh, denn Ausflüge kann die Gruppe nicht allzu oft machen. "Dafür nutzen die Angehörigen unsere Spazierwege und die Bewohner kommen viel an die frische Luft." Intensive Fürsorge erhalten aber auch die bettlägerigen Patienten. "Mit unserem Kräuterwagen haben wir ein Stück Garten mobil gemacht, um ein bisschen Natur in die Zimmer zu bringen.

" Im Reinhard-Schmidt-Haus fühlen sich die Menschen wohl und auch die beiden Wellensittiche, die selbst um 16 Uhr noch fröhlich vor sich hin pfeifen, scheinen voll auf zufrieden mit ihrem Zuhause.