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Wie aus behaarter Haut hochwertiges Leder wird

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Wie aus behaarter Haut hochwertiges Leder wird

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    Wie aus behaarter Haut hochwertiges Leder wird
    Wie aus behaarter Haut hochwertiges Leder wird Foto: beckmann

    Von Renate Müller-Volk |Bad GrönenbachDa sind ihm alle Felle davon geschwommen: Was heute bildlich gesprochen auf eine Lebenskrise hinweist, hatte vor mehr als 100 Jahren eine ganz handfeste Bedeutung. Die Gerber wuschen ihre Häute im vorbei fließenden Fluss und immer wieder passierte es, dass ihnen eines der guten Stücke aus der Hand flutschte. Und dann schwamm es dahin - zum nächsten Gerber, denn der arbeitete meist in unmittelbarer Nachbarschaft.

    Solche Ängste müssen die Gerber von heute nicht mehr haben. Auch nicht der Familienbetrieb Schachenmayr in Bad Grönenbach. Die Gerberei ist nach eigenen Angaben die einzige im Allgäu und eine der letzten von etwa 30 in Deutschland. Seit über 150 Jahren wird hier Leder hergestellt. Heute beliefern die Schachenmayrs europaweit unter anderem Schuhfabriken, Sattlereien, Reitsport-Hersteller und die Mittelalter-Szene.

    Fünf Mitarbeiter halten den Betrieb am Laufen. Und laufen muss da Einiges - zum Beispiel die vielen Maschinen, von denen jede eine andere Aufgabe hat. Denn bis aus einer Rinderhaut ein schönes Stück Leder wird, ist es ein weiter Weg.

    Da es im Allgäu viel Milchvieh gibt, herrscht laut Geschäftsführer Oliver Schachenmayr (41) kein Mangel an Rinderhäuten. Die Häute der Gerberei kommen nach seinen Worten aus den Schlachthäusern der Region. So fielen keine weiten Wege für das Naturprodukt an, das einer natürlichen Verwesung unterliegt.

    Nach Schachenmayrs Worten sind für ein gutes Leder viele Arbeitsschritte nötig. Die Behandlung der frischen Haut mit Salz ist einer der ersten. Salz konserviert. Danach folgt ein Waschvorgang. In einer Gerberei wird dem Experten zufolge auf dem Weg von der Haut zum Leder viel Wasser benötigt. Ist die Haut vorgewaschen, lassen sich die Haare entfernen. Diesen Vorgang nennen Fachleute äschern, weil er früher mit Pottasche vorgenommen wurde.

    Danach wird das Hochwertige vom Minderen getrennt. Dazu wird die Haut gespalten. Die obere Schicht ergibt hochwertiges Oberleder, der untere Teil weniger gutes "Spaltleder". Das wertvolle Oberleder wird später zu Schuhen, Gürteln oder Handtaschen verarbeitet. Aus Spaltleder wird unter anderem Schutzleder für Arbeitsanzüge oder -handschuhe gemacht.

    Rinde von Akazie und Kastanie

    Doch bis es so weit ist, sind noch viele Arbeitsgänge zu erledigen - unter anderem das eigentliche Gerben. Schachenmayr verwendet dafür nach eigenen Angaben nur pflanzliche Gerbmittel, überwiegend die gemahlene Rinde von Bäumen wie Edelkastanie und Akazie. Ein rotierendes Fass, fast wie eine große Waschmaschine, besorgt diese tagelange Bearbeitung mit den pflanzlichen Stoffen.

    Die Gerbsäure sorgt dafür, dass die Häute nicht verrotten und haltbar sind.

    Auf die Zukunfts-Chancen des Gerberhandwerks hin befragt, sagt Schachenmayr: "Solange wir Menschen Fleisch essen, fallen Tierhäute an und so wird man für die Verwendung von Leder immer neue Produkte kreieren." Deutschlandweit gebe es allerdings nur noch wenige Ausbildungsplätze bei großen Firmen. Oliver Schachenmayr selbst bildet nicht aus.

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