Von Sibylle Mettler Seeg - Endlich frei und Zeit, zwischen Weihnachten und Heilig Dreikönig in aller Ruhe zum Friseur zu gehen und den riesigen Wäscheberg zu verkleinern. Bloß nicht! Denn diese elf Tage gelten der Überlieferung zufolge als Rauhtage. An ihnen sollte man bestimmte Dinge tunlichst unterlassen, damit kein Unglück geschieht. Wenn man gewisse Regeln befolgt, verraten sie aber auch, wie das Wetter im kommenden Jahr wird - heißt es. 'An den Rauhtagen dürfen alle Geister, Lumpen und Bazis machen, was sie wollen', erklärt der Allgäuer Heimatforscher Pius Lotter. Alten Überlieferungen zufolge solle man zwischen Heiligabend und Dreikönig sich nicht die Haare schneiden lassen und nicht den Bart rasieren - weil die Gefahr besonders groß sei, sich zu schneiden. 'Die Wunde heilt dann nicht mehr', meint der Heimatforscher. Auch Wäsche waschen sei diesen Regeln zufolge streng verboten. Weil man sie nicht draußen aufhängen dürfe. Sie sei dann über Nacht einfach weg, so Lotter. Denn die bösen Geister bemächtigten sich aller losen Dinge, die in dieser Zeit im Freien liegen. Wer etwa auf das Dach steigen muss, solle die Leiter unbedingt wieder mit ins Haus nehmen. 'Weil sonst etwas Blödes passiert', sagt Lotter. Beispielsweise, 'dass eine Jungfrau schwanger wird, und man weiß nicht, von wem'. Dann habe ein Unhold wahrscheinlich bei ihr gefensterlt, sagt der Seeger augenzwinkernd. Was man an den Rauhtagen tun darf und was nicht, ist laut dem Heimatforscher früher auf den Bauernhöfen überliefert worden. Im Allgäu habe man diese Regeln aber nicht so ernst genommen wie in anderen Regionen Bayerns, fügt er an. Dass man zwischen Heiligabend und Dreikönig einen Kalender anfertigt, der über das Wetter des kommenden Jahres Auskunft gibt, kennt Lotter aber noch aus seiner eigenen Kindheit in Pfronten.
Ein jeder Tag in dieser Zeit gebe Auskunft über einen Monat: Will man wissen, wie das Wetter im Januar wird, muss man das Wetter an Heiligabend beobachten. Der Weihnachtstag gibt Auskunft über den Februar, der Zweite Weihnachtsfeiertag über den März und so weiter, erklärt Lotter. Diese Vorhersagen gehen sogar noch genauer: Wenn man die Stunden des Tages durch vier teilt, erfahre man, wie die einzelnen Wochen werden. 0 bis 6 Uhr verrate das Wetter in der ersten Woche des Monats, 6 bis 12 Uhr stehe für die zweite, 12 bis 18 Uhr für die dritte und 18 bis 24 Uhr für die vierte. Manche Allgäuer schwören laut dem Heimatforscher auch auf Zwiebeln als Wetterpropheten, die man am 24. Dezember aufschneidet und bis 6. Januar beobachtet. 'Schwitzen sie Saft aus, regnet es in den betreffenden Monaten. Bleiben sie trocken, ist auch der Monat trocken.' Doch wenn es nur elf Rauhtage gibt - wie erfährt man, was der zwölfte Monat, der Dezember, bringt? Das verrate der Thomas-Tag, der 21. Dezember. Der war heuer klar und schön - so werde auch der Dezember 2005, schildert Lotter. Wissenschaftler freilich halten von diesen Vorhersagen recht wenig, da macht der Heimatforscher gar keinen Hehl daraus. Ihn stört das aber nicht weiter. 'Wenn die Leute früher nicht auf die Rauhtage geschaut hätten, hätten sie keine Zukunft gehabt', ist er überzeugt. Und erklärt, dass man auch durch Mond- und Tierbeobachtung das Wetter vorhersagen kann. Seine Prognose für die kommenden Wochen: 'Es wird richtig Winter. Er zieht sich aber lange raus. Es wird ein spätes Frühjahr geben', ist Lotter überzeugt. Mal schauen, was die Zwiebel sagt.