Westallgäu: Wertstoffe derzeit nur Müll?

16. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Preisverfall - Kaum Absatz von Metall, Papier und Kunststoffen - Finanzielle Einbußen für Recycling-Unternehmen, ZAK und sammelnde Vereine

Im Sommer gabs noch 240 Euro für eine Tonne Alteisen/Schrott - wenige Monate später liegt der Preis zwischen null und 10 Euro. Grund für die Freiwillige Feuerwehr Ebratshofen, die jährliche Alteisensammlung im Herbst vergangenen Jahres ausfallen zu lassen und auf unbekannte Zeit zu verschieben.

Die Situation führt zu finanziellen Einbußen für die Wehrler, denn die Alteisensammlung ist laut Kommandant Bonifaz Wiedemann eine der zwei Haupteinnahmequellen im gesamten Jahr. Im Schnitt bekommen die Sammler zwischen 50 und 80 Euro pro Tonne Schrott. Bei rund 20 Tonnen, die in etwa jedes Mal zusammenkommen, sind das mindestens 1000 Euro weniger in der Vereinskasse. Je nach Preisentwicklung will die Feuerwehr den Termin vielleicht schon im Frühjahr nachholen.

Aber nicht nur für Altmetalle ist der Preis im vergangenen halben Jahr in den Keller gesunken: Auch der Markt für Altpapier und Kunststoffe plagt sich mit Absatzproblemen.

Davon wissen Richard Gutensohn, Produktmanager Kunststoff beim Lustenauer Recycling-Unternehmen Häusle, und ZAK-Geschäftsführer Karl-Heinz Lumer ein Lied zu singen.

Für gutes Papier gab es laut ZAK-Chef Lumer in Hochzeiten bis zu 100 Euro pro Tonne. Momentan sind es noch 45. Für Papier minderer Qualität waren es 50 bis 55 Euro - heute sind es gerade mal 5 Euro. "Ich hoffe, dass es nach einem halben Jahr Durststrecke Mitte des Jahres wieder aufwärts geht", so Lumer. Er glaubt, dass eine schwache Nachfrage nicht von Dauer sein kann. "Die Frage ist nur, wann die Produkte wieder knapper werden."

Preis sinkt um ein Drittel

Der Preis für Kunststoffe ist im Vergleich zum vergangenen Frühjahr/Sommer um rund zwei Drittel gesunken. Für Richard Gutensohn spielen da viele Sachen mit rein: zum einen die allgemeine Wirtschaftssituation, die zu einem geschwächten Absatz führt, weil beispielsweise weniger Verpackungsmaterial benötigt wird. Zum anderen sei der Ersatzbrennstoff-Markt "stark überhitzt". Überkapazitäten seien vorhanden, die Lager voll. Kunststoffe bestehen zu 99 Prozent aus Erdöl und haben einen hohen Heizwert, erklärt Gutensohn. Wie viele andere Recycling-Unternehmen stellt Häusle aus Reststoffen hochwertige Ersatzbrennstoffe her. Diese werden beispielsweise von Zementwerken verwendet, da sie eine günstige Alternative zu fossilen Brennstoffen wie Erdöl oder Gas darstellen.

Als dritten Grund für sinkende Preise im Bereich der sekundären Rohstoffe nennt Gutensohn die Exportschiene. Nachdem eine weltweite Rohstoffverknappung und die starke Nachfrage aus dem asiatischen Raum innerhalb kürzester Zeit beinahe eine Verdoppelung der Preise mit sich gebracht hatten, folgte der Kollaps. "Der Markt nach China ist zugegangen und bis dato so gut wie dicht." Vermischte Kunststoffe aus Produktionsabfällen werden in China händisch getrennt und dann weiterverarbeitet. "In Europa lässt sich das nicht absetzen", sagt Gutensohn.

Branche in Stabilisierungsphase

Er sieht die Branche momentan in einer Stabilisierungsphase. "Es wird leicht besser werden, aber sicher nicht das Niveau vom Vorjahr erreichen", glaubt der Produktmanager. Er rechnet mit 40 Prozent Abschlag im Vergleich zu 2008. Auch mit Blick auf China nimmt er an, dass die Nachfrage wieder steigt. Erste Lieferungen gingen wieder raus - aber auf einem anderen Preisniveau. Und auch wenn die Auswertungen für das alte Jahr noch nicht vorliegen: "Wir haben starke Einbußen", so Gutensohn.