"Auf der einen Seite stiegen die Berge in den Nebel hinein, auf der anderen dehnte sich eine nasse Moorwiese, und dahinter erhob sich aus dem Vilsgrund herauf der kegelförmige, aus nichts als aus schwarzblauen Fichten bestehende Pfrontner Wald." So beginnt der 2001 verstorbene Schriftsteller W. G. Sebald in dem Buch "Schwindel. Gefühle" mit seiner Erzählung "Il ritorno in patria" ("Die Heimkehr"), in der er eine Wanderung von der Schattwalder Grenzstation über Unterjoch hinab nach Wertach beschreibt.
Winfried Georg Sebald wurde am 18. Mai 1944 in Wertach geboren. Dem Besuch der dortigen Volksschule und - nach einem Umzug der Eltern - jener in Sonthofen, folgten weitere Schuljahre am Realgymnasium Maria Stern in Immenstadt und schließlich das Abitur am Gymnasium Oberstdorf; binnen zwei Jahren absolvierte Sebald in Fribourg (Schweiz) das Studium der Literaturwissenschaften, war Lehrer und Lektor in der Schweiz und in England (Manchester), ab 1970 Lektor an der Universität Norwich; 1986 folgte seine Habilitierung an der Universität Hamburg; zwei Jahre später die Berufung zum Literaturprofessor an die University of East Anglia/Norwich; dort wurde er Ordinarius für Neuere Deutsche Literatur und gründete das British Centre for Literary Translation. Seit Ende der 80er Jahre erschien sein mit mehrfachen Preisen ausgezeichnetes literarisches Werk.
2001 starb Sebald bei einem tragischen Unfall infolge eines Herzinfarktes.
Zu seiner Heimat stand Sebald im Zwiespalt: Die furchtbare Vergangenheit seines Vaterlandes, das deutsch-jüdische Vermächtnis und, wie er einmal sagt, "das alles überziehende Schweigen über diese Zeit" sind ihm ein immerwährendes Thema. Betroffen macht etwa die Lektüre eines Kapitels im Band "Die Ausgewanderten" über den jüdischstämmigen Lehrer Paul Bereyter (nach dem historischen Vorbild Armin Müller), der in Sonthofen an seinem Schicksal letztlich zerbricht. Andererseits liest man gerade aus den Texten, die sich mit Wertach und Sonthofen befassen, eine unterschwellige Sehnsucht des Ausgewanderten nach Heimat heraus. (pm)
Die Ausstellung "w.orten farbe verleihen" im Pfarrheim zu Wertach ist geöffnet von Sonntag, 22. Mai, bis Sonntag, 5. Juni, täglich von 14 bis 17 Uhr.