Waltenhofen (mr). - Woanders ermittle man neue Pop-Sternchen; 'wir aber suchen die neuen Oberallgäuer Superstars im Lesen,' sagte Schulamtsdirektor Günter Stephan mit einem kleinen Seitenhieb aufs Fernsehen. Was dieser Vorlesewettbewerb in der Grund- und Hauptschule Waltenhofen an Lesekünsten offenbarte, wäre indes durchaus einen größeren Rummel wert gewesen. Immerhin gingen gleich zwei Oberallgäuer 'Superstars' durch die Ziellinie: Im Wertungsbereich weiterführende Schulen siegte Maria Keim (Gymnasium Immenstadt) mit einer herausragenden Leistung. Bei den Sechstklässlern der Hauptschulen gelang es Anja Koch (Waltenhofen) sehr eindrucksvoll, gute Lesetechnik und Betonung mit einer natürlichen Ausstrahlung zu verbinden.
Ausdauernd nicht nur im Lesen Auch ein 'Superstar' mit bundesweiter Beachtung sei möglich, betonte Schulamtsdirektor Stephan. Denn der Wiggensbacher Patrick Steinhauser, der im Vorjahr ebenfalls in Waltenhofen triumphiert hatte, sei schließlich zweiter Bundessieger geworden. Zunächst jedoch war Rektor Günter Finger von der gastgebenden Schule sichtlich bemüht, den Vorlese-Kandidaten die Nervosität zu nehmen: Jeder sei ja bereits Schulsieger geworden und könne nun locker in die nächste Runde starten. Eine Fantasie-Geschichte ('Der durch den Spiegel kommt'/Kirsten Boie) fantastisch vorgetragen, so hieß das Erfolgsrezept von Maria Keim. Mutter Claudia, so hört man, kann noch so dicke Bücher kaufen; sie sind gleich ausgelesen. Typisch für die zielstrebige und ausdauernde 800-Meter-Läuferin: Als ihre Mutter sie einmal beauftragte, feuchte Schuhe auszustopfen, saß sie alsbald auf der Treppe und las die Zeitungen, die sie eigentlich in ihr Schuhwerk stecken sollte
Ein Bücherwurm mit Herzblut Ein 'richtiger Bücherwurm' ist auch Hauptschul-Siegerin Anja Koch. Ein großer Vorteil der erfolgreichen Leichtathletin: Sie kann vertraute Text mit viel Gefühl vortragen. So sollte es für die Klarinettistin der Jugendkapelle Sankt Mang keine Rolle mehr spielen, dass sie den für alle obligatorischen Pflichttext eine Spur zu vorsichtig interpretiert hatte. Gerade dieser unbekannte Pflichttext war die Stärke des Hauptschul-Zweitplatzierten Beni Lindner aus Weitnau: Locker las er die Kurzgeschichte 'Ein Bär wächst bis zur Decke'. In seinem Wahlteil hatte Beni auf die furchtbaren Kriegsfolgen für Kinder hingewiesen. Aufwühlend war auch die Saurier-Geschichte von Stephanie Baumgartner aus Altusried-Krugzell. Die Drittplatzierte (Hauptschulbereich) verstand es, ihren Zuhörern den Eindruck des direkten Dabeiseins zu vermitteln. Die Jury mit dem ehemaligen Waltenhofener Rektor Arthur Häusler - er ist seit 25 Jahren an dieser Veranstaltung des Deutschen Buchhandels beteiligt - hatte keine einfache Aufgabe; mit dabei waren hier auch Monika Schrankenmüller und Ria Knie von der Buchhandlung 'Pröpster' in Kempten. Für den reibungslosen Ablauf sorgten Hansjörg Baldauf sowie die Konrektorin Susanne Magnus. Dank Hauswirtschaftslehrerin Josefine Kerler konnten sich die 'Gladiatoren' nach dem Wettstreit an einen gedeckten Tisch sitzen, um wenigstens körperlich gleich wieder aufzutanken