LautrachManager sind wegen überzogener Gehälter und handwerklicher Fehler massiv in die Kritik geraten. Dr. Robert Bachfischer (62), der als Leiter des Management Centrums Schloss Lautrach die Zunft bestens kennt, macht für Fehlentwicklungen vor allem Mängel im Bildungssystem verantwortlich. Mit Bachfischer sprach unser Redaktionsmitglied Klaus-Peter Mayr.
Herr Dr. Bachfischer, was ist mit den Managern los? Sind sie wirklich skrupellose Absahner und miese Zocker?
Bachfischer: Mit solchen Pauschalierungen kann man nicht arbeiten. Es gibt sicher eine Gruppe von Managern, die man als verantwortungslose Zocker bezeichnen muss. Aber es gibt sicher sehr viel mehr Manager und Führungskräfte, die seriöse und verantwortungsbewusste Menschen sind. Sonst wäre die Wirtschaft schon längst zusammengebrochen.
Sind Spitzen-Manager den Anforderungen noch gewachsen?
Bachfischer: Es werden Leute nach oben geschwemmt, die den Anforderungen nicht gewachsen sind - vor allem in moralischer Hinsicht nicht. Sie versagen menschlich. Das liegt auch daran, dass in unserem Land die Menschen, die in Spitzenpositionen kommen sollen, vielfach nicht mehr gebildet, sondern nur noch ausgebildet werden.

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Wie meinen Sie das?
Bachfischer: Ausbildung heißt, jemanden mit Kenntnissen versehen, die für seinen Job wichtig sind. Das braucht jeder. Bildung heißt dagegen, dass Menschen im breiten Maß gebildet sind, dass sie historische Kenntnisse besitzen, etwas von Ethik verstehen und sich selbst reflektieren. Gerade in Deutschland haben wir Bildung zur Ausbildung degenerieren lassen. Überall wird nur noch die Effizienz, das Abrichten auf einen Beruf in den Mittelpunkt gestellt. Bildung hat keinen großen Stellenwert mehr.
Versagt also unser Bildungssystem?
Bachfischer: Ja. Das beginnt schon in den Grundschulen. Dort wurden die Stundenzahlen reduziert - vermutlich um Lehrer einzusparen. Dann fielen die musischen Fächer zum großen Teil hinten runter. Und wie soll bei Klassengrößen von 25 bis 30 Kindern Betreuung stattfinden? Es ist alles nur noch fokussiert auf verwertbares Wissen. Das ist eine der Ursachen, warum junge Leute, die nie zu reflektieren gelernt haben, in Positionen und Funktionen einrücken, wo sie nicht mehr Herr ihrer Sinne sind.
Wie müsste das Bildungssystem verändert werden? Was raten Sie unseren Bildungspolitikern?
Bachfischer: Es bräuchte eine andere Bildungskultur, nämlich eine Höherbewertung von Wissen, das nicht unmittelbar ökonomisch verwertbar ist. Wir müssen wegkommen von der Pauk-Schule und mehr Ethisches, Moralisches, Musisches, Geschichtliches und Menschliches vermitteln. Wir brauchen eine Erziehung zur Verantwortung für das Ganze und nicht nur, um den eigenen Gewinn zu maximieren.
Wie ticken Manager generell?
Bachfischer: Sie werden in ihrer Ausbildung und ihrem Studium vielfach ausschließlich darauf hin trainiert, Gewinne zu machen und den Menschen als Produktionsfaktor zu sehen. Aber man muss Menschen gewinnen, sich für die Ziele des Unternehmens einzusetzen. Wenn das vorrangige Ziel ist, Gewinn zu machen, werden sich Mitarbeiter nicht hinreichend einsetzen.
Gewinn ist für ein Unternehmen unverzichtbar. Doch es muss mehr geben. Menschen wollen für andere da sein.
Bleibt Managern angesichts des Drucks, die Renditen der Eigentümer und Aktienbesitzer zu erhöhen, nichts anderes übrig, als den Weg der Gewinnmaximierung zu beschreiten?
Bachfischer: Viele Spitzenmanager sind durch unmoralisch hohe Gehälter bestochen, zumindest aber verführt worden. Sie haben sich dem System unterworfen. Ich spreche dabei nicht von den vielen Führungskräften und Eigentümer-Unternehmern in den mittelständischen Betrieben, die völlig anders denken.
Und wie denken die?
Bachfischer: Soweit ich sie kennengelernt habe, wollen sie Gewinn machen, um das Überleben ihres Unternehmens zu sichern. Der Gewinn hat aber nicht die Bereicherungsfunktion. Im Mittelpunkt stehen gute Produkte und die Befriedigung von Kundenbedürfnissen, die Wahrnehmung von Marktchancen und die Belange von Mitarbeitern, sprich: Arbeitsplätze zu erhalten und für die Familien, die dahinter stehen, Sorge zu tragen. Gerade bei mittelständischen Eigentümer-Unternehmern ist das eine ganz tiefsitzende Motivation.
"Hire and fire" hat sich also noch nicht im Denken festgesetzt?
Bachfischer: Nein, und das wird sich auch nicht festsetzen. Dazu sind die Inhaber und Führungskräfte viel zu eng verbunden mit ihrem Unternehmen.
Wie ist es im Allgäu: Hier werden immer weniger Betriebe von Eigentümer-Unternehmern geführt.
Bachfischer: Soweit ich das wahrnehme, sind die Manager im Allgäu in hohem Maße von Verantwortungsbewusstsein geprägt.
Wie sind die Managergehälter im Allgäu im Vergleich zu internationalen Unternehmen?
Bachfischer: Genau weiß ich das nicht. Doch von Gehältern im Millionenbereich habe ich im Allgäu noch nichts gehört.
Mit den Auswüchsen in der Wirtschaft gerät auch die Wirtschaftsform, nämlich der Kapitalismus, in Misskredit. Müsste er reformiert werden?
Bachfischer: Ich hoffe nicht, dass jetzt der Kapitalismus verteufelt wird. Denn es wäre furchtbar, wenn wir in eine Art staatsgesteuerte Wirtschaft hineinkämen. Weil Beamte nie klüger sind als Führungskräfte in der freien Wirtschaft. Wir brauchen eine Wettbewerbswirtschaft, es gibt kein besseres System. Und wir brauchen ordentliche Regeln, die verhindern, dass es diese Auswüchse gibt. Dazu braucht es wiederum Menschen, die Verantwortung übernehmen. Die Manager brauchen einen funktionierenden Staat, damit sie ordentlich agieren und die Zukunft ihrer Unternehmen sichern können.