Kempten (sh). 'Wir verbrauchen immer weniger Einheiten, doch die Kosten bleiben dieselben.' Karl Mehnert ärgert sich - und dürfte damit nicht alleine sein. Denn immer tiefer müssen die Verbraucher in die Tasche greifen, um ihre Häuser und Wohnungen im Winter warm zu halten. In diesen Tagen ist die Verärgerung besonders groß, denn vielen flattern die Nebenkosten-Abrechnungen vom vergangenen Jahr ins Haus. Mit der Abrechnung kommt dann oft der Schock - in Form einer dicken Nachzahlung nämlich. Und das, obwohl viele längst sparsam geworden sind in Sachen Heizen.
So wie Karl Mehnert - hat er doch eigens Rollläden anbringen lassen, um in besonders kalten Nächten nicht buchstäblich zum Fenster hinaus zu heizen. Auch Lydia Martin geht sorgsam mit Energie um. Die 80-jährige Kemptenerin ist erbost über die ständig steigenden Preise - 'denn selbst wenn man sparsam ist, will man ja doch nicht frieren im Winter', meint sie. Obwohl sie sich abends öfter mal Decke und warmen Fußsack holt, klettern auch bei ihr die Kosten fürs Heizen immer mehr in die Höhe.
Gut lachen haben dagegen Erna und Johann Weixler, denn das Haus, in dem sie wohnen, wurde vor einiger Zeit wärmegedämmt. 'Das hat sich wirklich gelohnt', schwärmt das Ehepaar. 'Unsere letzte Heizrechnung war deshalb sogar niedriger', erzählen die beiden. Der Vermieter der Weixlers, das ist die Bau- und Siedlungsgenossenschaft (BSG) Allgäu. Rund 5500 Wohnungen verwaltet die BSG - das Thema Energiekosten beschäftigt die Verantwortlichen schon seit einigen Jahren. Zum einen setzt man deshalb auf Modernisierung, wie es von der BSG heißt. Und zum anderen gewinnt auch die Beratung von Mietern immer mehr an Bedeutung. Mit manchen Tipps (siehe eigener Artikel) ließe sich nämlich ordentlich Bares sparen.
Beim Kemptener Mieterverein häufen sich indessen die Anfragen zum Thema Heizkosten. 'Heuer gibt es ein besonderes Problem', berichtet der Jurist des Mietervereins, Günter Wirth. 'Nicht nur die Kosten sind gestiegen, sondern der vergangene Winter war zusätzlich sehr lang.' Soll heißen: Mit dem teuren Öl oder Gas mussten Kemptener und Oberallgäuer besonders lange heizen, lag doch bis in den Mai hinein noch Schnee.
Der Mieterverein kann nur etwas gegen die hohen Heizkosten tun, wenn diese nicht gerechtfertigt sind, wie Wirth betont. Zunächst prüft der Anwalt die Abrechnung und vergleicht die Heizkosten mit einem bundeseinheitlichen Nebenkosten-Spiegel. Darin steht, wie viel das Heizen pro Quadratmeter und Monat in der Bundesrepublik durchschnittlich kostet. Somit kann der Experte sehen, ob die Kosten überzogen hoch sind. Wenn sie es tatsächlich sind, kommt der nächste Schritt: 'Die Heizkosten werden auf Plausibilität geprüft.' Wer einfach viel geheizt hat, muss eben mit höheren Kosten rechnen. Sind die Kosten dagegen nicht plausibel, kann der Mieter die Vorlage der Belege fordern. Dabei gilt: Wenn sich der Vermieter weigert, die Belege vorzulegen, muss der Mieter nicht nachzahlen.
Stehen die Belege zur Verfügung, geht das Vergleichen los. Sind alle Ölkäufe richtig abgerechnet, hat der Vermieter überschüssiges Öl am Ende des Abrechnungszeitraums berücksichtigt? Für - ungewollt - hohe Zählerstände der Heizung können aber auch andere Dinge sorgen. Zum Beispiel Baumängel, schlechte Isolierung oder undichte Fenster.