Memmingen/Unterallgäu | win | Liebe machtblind. Dieses Sprichwort gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere. Gerade Rehwild wird nach Aussagen von Jägern im sommerlichen Liebesrausch für viele Autofahrer zur Gefahr. Ziellos jagt es während der momentanen Brunftzeit durch den Wald und manchmal eben auch über Straßen. Deshalb ist besonders in den Abend- und Morgenstunden auf Strecken, die durch Wälder führen, erhöhte Vorsicht geboten.
Neben den Tieren werden bei Wildunfällen immer wieder Menschen verletzt. Im vergangenen Jahr zählte die Polizei 60 Unfälle und zwei Verletzte im Bereich Memmingen sowie 841 Wildunfälle im Unterallgäu. Das waren 2007 rund 30 Prozent aller Verkehrsunfälle. Im Jahre 2002 lag der Anteil noch bei 20 Prozent. Seit damals wurden im Unterallgäu 19 Personen schwer und 36 leicht verletzt. 2008 gab es im Stadtgebiet Memmingen bereits 40 Wildunfälle. Die starke Zunahme der Unfälle sei schwer zu erklären, sagt Andreas Ruepp, Vorsitzender des Jagdverbandes der Kreisgruppe Memmingen. Er vermutet, dass es mit der steigenden Zahl der Kraftfahrzeuge, aber auch mit der Ausbreitung des Schwarzwildes zu tun haben könnte.
Um das Unfallrisiko für Mensch und Tier zu senken, befasst sich mittlerweile eine Unfallkomission aus Jägern und Polizeibeamten mit der Wildproblematik in der Region.
Einige Jäger haben in der Vergangenheit mit CD-Rohlingen experimentiert, die sie in Bäume am Straßenrand gehängt haben: Sie blitzen im Scheinwerferlicht auf und schrecken so das Wild ab. "Diese Methode ist aber sehr gefährlich", sagt Hauptkommissar Josef Eberhard von der Mindelheimer Polizei. Denn die CDs könnten auch Auto- und Motorradfahrer blenden. Die Polizei setzt vielmehr auf neue Reflektoren in den Straßenleitpfosten. So werden alte rote Reflektoren durch blaue ersetzt, da Wild die Farbe Rot nach neuesten Erkenntnissen nur als Grauton erkennen kann. Die Lichteffekte sollen die Tiere abschrecken und am Wechsel hindern. "Die Kosten hierfür tragen allerdings die Jäger selbst", bemängelt Ruepp.
Im Landkreis Kronach wurden "Duftzäune" getestet. Dabei werden Schaumstoffbällchen an Bäumen neben der Straße angebracht, die einen Duft verströmen, der Rehe abstößt. "Der Nachteil hierbei ist, dass der Schaumstoff immer im Frühjahr und Herbst neu angebracht werden muss und somit die Kosten im Vergleich zu anderen Maßnahmen sehr hoch sind", erklärt Eberhard.

Über 40.000 Euro Schaden
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Trotz dieser Maßnahmen müssen Verkehrsteilnehmer immer mit dem Auftauchen von Wild rechnen, betont der Mindelheimer Polizist Eberhard. Er rät deshalb: "Langsam fahren, bremsbereit sein und - wenn nötig - hupen und abblenden." Außerdem sollte man daran denken, dass ein Reh selten alleine unterwegs ist - meist hat es noch verliebte Böcke im Schlepptau.