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Weg vom Lederhosenstil

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Weg vom Lederhosenstil

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    Von Christine Kindt Oberstdorf Als Leckerbissen bezeichnete Professor Werner Girsberger von der Universität Augsburg die Aufgabe für die Diplomarbeiten der Architekturstudenten der Fachhochschule Augsburg: Sie sollten ein neues Naturfreundehaus als Bergunterkunft am Fellhorn planen, eine moderne Lösung finden, die den Stand der Baukunst zwischen Zeitgeist und zeitlos Gültigem spiegelt und die sensible Umgebung im Hochgebirge berücksichtigt. Eine Woche lang sind nun die Zeichnungen und liebevoll ausgeführten Modelle in der Oberstdorfer Villa Jauss zu sehen. In seiner Einführungsrede wies Prof. Girsberger auf die Wichtigkeit der aktuellen Auseinandersetzung mit alpiner Architektur hin. Da er selbst aus dem Engadin stammt, sind ihm die Probleme mit der so genannten Architektur im Lederhosenstil, die über Jahre hinweg zeitgemäße Arbeiten verhindert hat, wohl bekannt. Er plädiert für neue, der heutigen Baukunst angemessene Lösungen, und erinnert an manch gelungenes Beispiel alpiner Architektur aus den 20er Jahren. Unendlich sorgfältig und auch für Laien durchaus übersichtlich sind die Pläne der Ansichten und Aufrisse, die Modelle der Gebäude und ihrer Einfügung in die örtliche Topografie gefertigt. Individuell verschiedene Prioritäten haben zu einer Vielzahl an unterschiedlichen Lösungen geführt: Hat Bernhard Kast das Energieproblem in dieser Höhenlage als vordringlich angesehen und ein kompaktes Modell mit eher kleinen, jedoch gezielt nach den umgebenden Berggipfeln ausgerichteten Fenstern geplant, so ist Elena Tzicacis Planung eher dem sensiblen Gelände angepasst: Sie hat einen alten Steinbruch als Verletzung des Hanges gesehen, der durch ein komplett in den Hang eingepasstes Gebäude wieder komplettiert wird. Ihr topografisches Modell zeigt einen Bau, der die Höhenlinien des Hanges ergänzt und fortführt.

    Ein über das gesamte Gebäude gelegtes Glasdach überspannt auch ein Atrium, das für Freizeitaktivitäten genutzt werden kann. Daneben werden einige kubische Lösungen präsentiert, wie zum Beispiel ein gleichsam aus dem Hang entschwebender Riegel von Doris Tahedi, der durch ein L-förmiges Gebäude aufgefangen wird. Mit S-förmigem Schwung kann Tobias Müllers Modell Leichtigkeit in seinen großen Komplex bringen. Mit einem ungewöhnlichen Vorschlag kann Andreas Vogler aufwarten: Er hat seinen formschönen Bau dem abfallenden Gelände angepasst und bietet eine attraktive, individuelle Bergunterkunft, die auf Rechtwinkligkeit weitgehend verzichtet. Durchaus heimisch wirkt die komplett verschindelte Außenhaut seines Gebäudes, die zudem die klaren Formen unterstreicht. Fachhochschule Augsburg, Architekturforum Oberallgäu und das Kanzelwandhaus der Naturfreunde, das den Studenten auch die kostenlose Gelegenheit zur augenscheinlichen Erkundung der örtlichen Situation gab, haben zusammen mit der Initiative Villa Jauss diese Ausstellung ermöglicht. Im Hinblick auf die hier präsentierten, teilweise sehr attraktiven Vorschläge bleibt zu bedauern, dass es sich hier um eine hypothetische Aufgabenstellung handelt, deren Verwirklichung derzeit nicht ansteht. Jedoch bleibt zu wünschen, dass Bauherren und Entscheidungsträger sich mit den hier gebotenen Anregungen für Bauten im alpinen Raum gebührend auseinandersetzen und ein Umdenkungsprozess in Gange kommt. Täglich bis zum 19. Januar ist die Architektur-Ausstellung in der Oberstdorfer Villa Jauss zwischen 17 und 19 Uhr geöffnet.

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