Von Thilo Jörgl, Marktoberdorf/Stötten/Ostallgäu Zwei Bundespräsidenten besuchten bisher Marktoberdorf. Theodor Heuss 1953 und Karl Carstens 1981. Am 6. März kommt nun Horst Köhler zu einem 'Kurzbesuch' für einige Stunden in die Stadt. Er wird sich ausschließlich im Modeon aufhalten, um die Zelter- und Pro-Musica-Plaketten zu überreichen. Beim Besuch von Professor Karl Carstens vor 24 Jahren war das anders: Er nächtigte drei Tage im Hotel Sepp, wanderte mit tausenden von Menschen und hielt in der Stadtmitte eine Rede. Rückblick ins Jahr 1981. Bundespräsident Carstens hatte sich vorgenommen, die Bundesrepublik zu Fuß kennen zulernen. Zusammen mit seiner Frau wanderte der Präsident - oft in Begleitung von tausenden von Menschen - von der Nordsee bis an die Alpen. Ziel seiner Reise war nicht nur, die Menschen des Landes kennen zu lernen, sondern auch Wohltätigkeitsverbände zu unterstützen. Das Ehepaar wies damals darauf hin, dass es keine Gastgeschenke wünsche, aber Spenden für die Multiple-Sklerose-Gesellschaft, für das Müttergenesungswerk oder das Unicef-Kinderhilfswerk willkommen seien. Allein bei der Zweitageswanderung von Irsee über Marktoberdorf zum Auerberg kamen 10000 Mark hinzu. Uns so lief der Besuch von Carstens ab: Am 5. August war Frühaufsteher Carstens um 7 Uhr von Irsee über die 'Hölle', so der Name des Wanderwegs bei Kaufbeuren, in Begleitung von knapp 1000 lauffreudigen Allgäuern in Richtung Bergmangalpe gewandert. Nach einer Rast - und einer Portion Gulasch mit Reis - brach er in Richtung Marktoberdorf auf. Das Wandern war auch für den Gewohnheitsläufer schweißtreibend. 'Es war unglaublich heiß', erinnert sich Helga Egen-Kessler, heute im Vorzimmer des Marktoberdorfer Bürgermeisters, an den Tag.
Nicht abhalten von der Wanderung in sengender Hitze ließen sich damals Landrat Adolf Müller sowie der Landtagsabgeordnete Wengenmeier. Bürgermeister Franz Schmid begrüßte nach dem 27 Kilometer langen Marsch den Präsidenten in der Kreisstadt. Der Auftritt des 'ersten Mannes im Land' lockte so manchen auf die Straße. 'Am Rathaus harrte schon eine große Menschenmenge - rund 3000 Bürger - auf die Ankunft 'ihres' Präsidenten und seiner liebenswürdigen Frau Veronika, die beide, wo immer sie auftraten, die Herzen im Sturm gewannen', das berichtete die Allgäuer Zeitung 1981. Nach der Begrüßung und dem Eintrag ins 'Goldene Buch' der Stadt bedankte sich der Präsident - leger gekleidet in Wanderkleidung - für den freundlichen Empfang und betonte, dass ihm auf seinem Weg immer Kapellen begleiteten, aber nirgends in solcher Dichte wie im Ostallgäu. Drei Nächte blieb Carstens mit 23 Sicherheitsleuten, Begleitern und Freunden damals im Hotel Sepp. Der heutige Chef des Hotels, Werner Sepp, erinnerte sich noch heute daran, dass die Sicherheitsvorkehrungen enorm waren. 'Das Haus war gut bewacht. Der Präsident hatte den ganzen ersten Stock für sich und seine Leute reserviert', erzählt Sepp, damals 23 Jahre alt. Den Präsident hat er als einen 'sehr zufriedenen' und 'ziemlich unkomplizierten Mann' in Erinnerung. Früh, nämlich um 7.10 Uhr, ging Carstens am nächsten Tag zum Morgengebet in die St. Martin-Kirche und zog nach dem Abschiedslied der Stadtkapelle ('Muss i' denn zum Städele hinaus') in Richtung Stötten, wo ihn der damalige Bürgermeister Wilhelm Bottner und die Blaskapelle empfingen. Auf seinem bis dato mehr als 1000 Kilometer langen Fußmarsch ließ es sich Carstens trotz 'tropischer Temperaturen' nicht nehmen, auf den 1055 Meter hohen Auerberg zu steigen, ehe er die Bezirksgrenze nach Oberbayern überschritt. Neben vielen anderen Bürgern bekam damals auch der Marktoberdorfer Werner Himmer ein Autogramm vom Wanderpräsidenten. Allerdings nicht für das 'Goldene Buch' der Stadt, sondern für die Chronik der Stadtkapelle, deren Vorsitzender Himmer damals war. Am morgigen Sonntag wird Himmer Präsident Köhler um einen Eintrag ins Goldene Buch bitten. Uhrzeit und Ort stehen jetzt schon fest: Modeon, um etwa 11.20 Uhr.