Von Renate Meier, Kaufbeuren - 5272 Menschen, die in der ehemaligen Sowjetunion, in Polen oder Rumänien geboren wurden, leben inzwischen in Kaufbeuren. Damit die Wertachstadt auch tatsächlich zu einer neuen Heimat für die Aussiedler werden kann, gibt es zahlreiche Integrationsbemühungen. Auch der Verein der Deutschen aus Russland arbeitet dabei tatkräftig mit, stößt aber ohne weitere Unterstützung an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Das Motto des Vereins mit seinem Vorsitzenden Wladimir Walter und dessen Stellvertreter Anatol Neufeld lautet 'Vorurteile abbauen und Akzeptanz aufbauen'. Die beiden Männer engagieren sich in vielen Bereichen. Unterstützt werden sie dabei von der evangelischen Kirchengemeinde Christuskirche in Neugablonz mit Pfarrer Christoph Grötzner. Er machte es möglich, dass die Russlanddeutschen die Räume der Kirche mit nutzen dürfen. In der so genannten Unterkirche, also im Keller des Gotteshauses, finden zum Beispiel jeden Freitag und Samstag offene Abende für die Jugend statt. Denn ein ganz wichtiges Anliegen des Vereins ist es, die Jugend von der Straße zu bringen. Dabei, so erzählen Walter und Neufeld, legten es ihre jungen Landsleute nicht unbedingt darauf an, zu provozieren. Sie seien es zum Teil von ihrer früheren Heimat her einfach gewöhnt, sich im Freien zu treffen. Die Musik kommt dann aus dem Auto und die selbst eingekauften Getränke sind billiger als die in Lokalen. Dass es dann ein wenig laut zugeht, ist für die Jugendlichen normal, für die Anwohner eher eine Belästigung. Walter und Neufeld haben dieses Problem erkannt und möchten Abhilfe schaffen. Denn ihnen liegt sehr viel daran, dass ihre Landsleute endlich eine richtige Heimat finden, in der sie anerkannt sind und einfach nur in Frieden leben dürfen. Doch ohne professionelle Hilfe, so fürchten die beiden Männer, können sie das Problem nicht in den Griff bekommen. Denn es reiche nicht, der Jugend einfach einen Raum zur Verfügung zu stellen. Es brauche ein Programm und natürlich eine Aufsicht. Denn sonst gibt es schnell Ärger. Das hat auch Pfarrer Grötzner schon erfahren. Die Nachbarn sind von den wöchentlichen Jugendtreffs nicht gerade begeistert und wenn die Schwierigkeiten nicht in den Griff zu kriegen sind, dann kann er die Unterkirche nicht weiter dafür öffnen. Walter und Neufeld hätten am liebsten professionelle Jugendarbeiter, die die jungen Menschen betreuen. Doch die Streetworkerinnen der Stadt stehen nur für begrenzte Zeit zur Verfügung und auf der Suche nach Zuschüssen für eine neue Stelle wurde der Verein bisher nicht fündig. So schlugen auch die Bemühungen der Christuskirche fehl, in Zusammenarbeit mit der Stadt eine Stelle zu schaffen. Und auch die Bemühungen, einen Verein zu gründen, der die Stelle finanzieren sollte, scheiterte. 'Alle von uns als Sponsoren angeschriebenen Firmen winkten ab,' berichtet Pfarrer Grötzner.
Keine weiteren Quellen Auch Alfred Riermeier, Aussiedlerbeauftragter bei der Stadt, sieht derzeit keine weiteren finanziellen Quellen. Mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg habe er bereits gesprochen. Dieses fördert bis 2005 die beiden Streetworkerinnen und gab auch einen Zuschuss zum Aussiedlerfest beim Allgäutag. Mehr sei dort nicht zu holen. Riermeier bemüht sich derweil darum, auch in Kaufbeuren noch einen Raum für die Jugendlichen zu finden. Nötig wäre eine Aufenthaltsmöglichkeit besonders am Bienenberg im Süden der Stadt. In Neugablonz sei vielleicht bald noch ein städtischer Raum zu bekommen. Viel geleistet hat der Verein schon in der Erwachsenenarbeit. So gibt es regelmäßig Seniorentreffen in der Christuskirche, außerdem proben dort der Chor 'Heimatquelle' und ein Kinderchor. Zur Stelle sind Walter und Neufeld zudem, wenn ihre Landsleute Probleme mit den Nachbarn oder den Vermietern bekommen. 'In 99 Prozent der Fälle', so berichten sie stolz, 'ist die Angelegenheit nach einem klärenden Gespräch erledigt'. Schwieriger sind da schon die Schuldnerberatungen. Und all dies erledigen Walter und Neufeld von zu Hause aus, da ihnen auch eine Anlaufstelle für ihren Verein in Neugablonz fehlt. Ideal wäre das Gablonzer Haus, meint Walter. Doch dort bekämen sie keinen Raum. Dies bestätigt der Zweite Vorsitzende des Gablonzer Archiv- und Museumsvereins, Dr. Thomas Jahn. Aus rein räumlichen Gründen sei dies derzeit nicht möglich.