Füssen - Auf den Tag genau 200 Jahre liegt die Enteignung des Klosters St. Mang in Füssen zurück - der Beginn der Säkularisation. Auf diese Zeit blickt für unsere Zeitung Mathias Thalmair zurück. Im Mai 1782 besuchte Papst Pius VI. auf dem Weg nach Wien das Kloster in Füssen und übernachtete in den heute noch so genannten 'Papstzimmern'. Vom Erker des Klosters erteilte er den Segen an eine riesige Menschenmenge auf der Lechbrücke und auf dem Hutlerberg (Kalvarienberg). Nur 20 Jahre später wurde jedoch das Kloster in der 'größten Enteignungsaktion der bayerischen Geschichte' am 11. Dezember 1802 aufgelöst. Diese Klosteraufhebung kam nicht unvermutet; sie war jahrelang durch den bayerischen Kurfürsten Max IV. Josef und seinen Minister Montgelas vorbereitet worden. In Verträgen zwischen Frankreich und Bayern ging es darum, die Landentschädigungen für verlorene linksrheinische Gebiete festzulegen. In Schwaben wurden alle Gebiete des Hochstifts Augsburg - und damit auch die Stadt Füssen, das Hohe Schloss und das Kloster St. Mang - dem bayerischen Kurfürsten zugesprochen. Für Füssen bedeutete das eine Besetzung durch eine fremde Macht: Am 2. September 1802 gegen 11 Uhr marschierte das Bataillon mit klingendem Spiel hier ein, führte nur eine Kanone und zwei Pulverwägen mit. Die Schlüssel der Stadttore mussten übergeben werden. Es wurden Wachen an die Tore gestellt und nachmittags mit dem Major um die Einquartierung der Soldaten verhandelt. Bayern hatte die Landeshoheit übernommen, auch das Kloster St. Mang unterstand der Herrschaft des Kurfürsten. Doch die Besit-zungen des Klosters, Grund und Boden, Bauernhöfe und Weingüter, Klostergebäude und Klosterkirche mit allem Inventar, der Bibliothek und dem Kirchenschatz, erhielten die Fürsten von Öttingen-Wallerstein als die neuen Grundherren des Füssener Klosters.
1802 war damit das Ende des fast 1000 Jah-re alten Klosters St. Mang gekommen. Am 11. Dezember nahm Geheimrat Ellenrieder für die Fürsten von Wallerstein das Kloster in Besitz. Die Mönche mussten das Kloster verlassen. Abt Aemilian nahm die 14 kostbarsten Bücher mit nach Reutte und vermachte sie später dem Bischof in Augsburg, wo sie heute noch aufbewahrt werden. Möbel und Kunstschätze wurden verkauft, die Bücher der Bibliothek und Teile des Kirchenschatzes nach Wallerstein im Ries abtransportiert. Die liturgische Kleidung und die notwendigen Kirchengeräte blieben in Füssen, sodass in den Pfarreien St. Mang und Weißensee Gottesdienste gehalten werden konnten. Der frühere Pater Simpert Holzmann war nun Weltgeistlicher und erster Pfarrer von Füssen. Für den 13. Dezember wurde in St. Mang ein Hochamt mit Te Deum Laudamus angeordnet, 'dass der künftige Landesherr gut regiere'. Am 23. April 1803 wurde auch das Franziskanerkloster in Füssen säkularisiert und an den Deutschherrenorden übertragen. Im 'Aussterbekloster' erlebten zwei Brüder und ein Pater die Wiedereröffnung 1836. Befürworter und Gegner diskutieren immer noch, ob die Säkularisation gut oder schlecht war. Vertreter der Kirche meinen, dass 'der größere Teil des Kloster- und Kirchengutes einfach verschleudert' wurde. Manche Historiker feiern 1802 als das Ende der mittelalterlichen Verhältnisse, den Sieg der Aufklärung und die Entstehung des modernen bayerischen Staates. 1830 traten die Fürsten von Wallerstein Kirche, Pfarr- und Mesnerhaus an die Pfarrei Füssen ab und verkauften die Klostergebäude 1839 an die Freiherrn von Ponickau. 1910 kamen sie in den Besitz der Stadt Füssen. Heute sind sie Rathaus, Museum, Bibliothek - die Bürger von Füssen sind somit heute die Nutznießer der Säkularisation vor 200 Jahren.