Marktoberdorf(af). 'Es ist immer wieder erstaunlich, wie präzise schon damals gemessen wurde', bewundern die Mitarbeiter des Vermessungsamtes in Marktoberdorf ihre Kollegen, die vor zwei Jahrhunderten durch das Land zogen und die Flur kartierten. Außer einem Stativ mit einem Brett, auf das ein Blatt geklemmt war, und einem Fernrohr besaßen sie keinerlei Hilfsmittel. Einzelne Fixpunkte wie Kirchtürme waren bereits verzeichnet, weitere Punkte wurden nach und nach bestimmt. Daraus entstand das Uraufnahmeblatt, und das wiederum bildete die Grundlage für die Druckabzüge. Nun begann die Arbeit der Lithografen. Sie kopierten das Originalblatt auf Solnhofener Kalkstein - spiegelverkehrt versteht sich. Dabei waren sogar die Wälder als solche erkennbar und nicht wie heutzutage als Kringel oder Spitze dargestellt. Die ältesten Karten im Besitz des Vermessungsamtes datieren aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts. Während sie in den Archiven schlummern, sind die Messgeräte im Flur im ersten Stock zu zu besichtigen. Von Glashauben geschützt, legen sie Zeugnis ab: Zeugnis vom Wandel der Technik und Zeugnis von der erstaunlichen Leistung, die gerade in den Anfangstagen des Vermessungswesen vollbracht wurden. 200 Jahre reicht die Geschichte zurück. Denn 1801 wurde in Bayern damit begonnen, das damalige Königreich zu vermessen.
Das versuchte man zuerst mit Lattengerüsten und Stangen, doch erwies sich das als viel zu kompliziert. Heutzutage gibt es keinen Landstrich, der nicht erfasst ist. Größere Baugebiete wie vor wenigen Jahren das Gewend von landwirtschaftlich genutzten großen Weiden in bebaubare kleine Parzellen auszumessen, gehörte dabei zu den besonderen Herausforderungen der heutigen Zeit. Geraden, Bögen und Zahlen gibt es da im Überfluss zu vermerken. Inzwischen geht es darum, alle Karten zu digitalisieren. Handarbeit wie damals ist wieder gefragt. Jede einzelne, beim Vermessen auf den Zentimeter genau erstellte Zahl muss in den Computer eingegeben werden. Im nächsten Jahr soll diese Arbeit abgeschlossen sein. Gleichzeitig digitalisieren auch die Gemeinden im Ostallgäu ihre Karten, auf denen unter anderem die Versorgungsleitungen verzeichnet sind. Später lassen sich die Karten wie Folien übereinander legen. Es ergibt sich so ein genaues Bild davon, welche Leitung wie über welches Grundstück läuft. Das wiederum spart Zeit und Geld, falls eine Leitung ausgewechselt oder eine neue verlegt werden muss. Deswegen wird ständig neu gemessen, denn eine alte Karte ist ohne Wert. Alle zwei Jahre ist solch ein Werk wieder auf den neuesten Stand gebracht - dann aber mit den neuesten Geräten, mit Theodoliten mit elektronischer Messeinrichtung oder mit Lasertechnik. Nur: Sehr viel genauer als früher sind die Ergebnisse auch nicht, aber wesentlich einfacher zu ermitteln.