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Artikel: Von der Wertschätzung des Geringen

3. November 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Performance Stephanie Senge im Emmi-Fendt-Haus

Marktoberdorf | hie | Das Thema Konsum steht im Zentrum der Arbeiten der Münchener Künstlerin Stephanie Senge. Mit ihrer Performance "Dein Konsum verändert die Welt" lenkte sie die Wahrnehmung ihrer Zuschauer hin zu einer ganz bewussten, ungewohnten Sichtweise auf Gebrauchsgegenstände.

Die Wurzeln von Senges Performance sind zutiefst traditionell in der japanischen Blumensteckkunst Ikebana zu finden. Gelernt hat sie diese Kunst bei einem Japanaufenthalt von einer alten Meisterin. "Ikebana hat viel mit Wertschätzung zu tun, man schaut sich jede Pflanze genau an, entscheidet, was man wegschneiden muss und überlegt sich genau, wo im Gesteck und wie sie verwendet werden soll", schlug sie eine Brücke zur Einkaufsaktion Sternenbummel.

"Wenn wir einen Gegenstand einkaufen, beginnt bereits beim Aussuchen ein Prozess der Wertschätzung. Wir wählen aus und entscheiden, ob wir beispielsweise ein regionales Produkt, ein sogenanntes Markenprodukt oder ein billiges Massenprodukt erstehen," erklärte sie.

Neue Blickwinkel

Wie sie diese Wertschätzung sichtbar macht, war bereits anschaulich im Raum aufgebaut: Gestecke im Stil des Ikebana, aber nicht aus Blumen, sondern aus billigen Ein-Euro-Produkten. Mit Schuhlöffel und Spülbürste, dekorativ in mit Sand oder mit Ton gefüllten Schalen dekoriert, regte sie die Betrachter an, sich diese trivialen Gegenstände ganz genau anzuschauen und aus einem neuen Blickwinkel zu sehen.

Die rund 40 kunstinteressierten Gäste im Emmi-Fendt-Haus konnten anschließend zusehen, wie ein solches Gesteck entsteht: Senge sammelte Gegenstände ein, die die Zuschauer beim Sternenbummel eingekauft hatten: einen Schal, einen Schirm, ein Buch und verschiedene Kleinigkeiten.

Gekleidet in einen Kimono, beschürzt im Tigerlook, zelebrierte sie dann ihre Steckkunst wie eine rituelle Handlung: Der Schal wurde sorgfältig in Falten gelegt, über einen Stock drapiert, der dann in die Tonmasse gesetzt wurde. Schirm und Buch wurden ebenso aufmerksam und bewusst dazu platziert. Die von ihr gewünschte Diskussion mit den Anwesenden kam nur spärlich auf. Die Publikumsreaktionen reichten von Belustigung - der so feierlich bedeutungsvolle Umgang mit Taschenschirm und Schal entbehrte durchaus nicht der Komik - bis zu Ernsthaftigkeit.